Schon 2019 ers­tes olym­pi­sches Boxen unter der Zustän­dig­keit des IOC

Ein Testturnier im Oktober kollidiert mit den Weltmeisterschaften der AIBA

Nach der Sus­pen­die­rung des Welt­ver­ban­des des olym­pi­schen Boxens AIBA hat­te das Inter­na­tio­na­le Olym­pi­sche Komi­tee (IOC) eine Taskforce ein­ge­setzt, die nun anstel­le der AIBA das Box­tur­nier 2020 bei den kom­men­den Som­mer­spie­len in Tokio orga­ni­sie­ren wird.

Olym­pia­qua­li­fi­ka­ti­on über IOC-Turniere

Die Taskforce ist dabei nicht nur für das eigent­li­che Tur­nier zustän­dig. Sie orga­ni­siert auch die vor­ge­schal­te­ten Qua­li­fi­ka­ti­ons­wett­be­wer­be, in denen sich ent­schei­det, wer in Japan bei den Som­mer­spie­len in den Ring stei­gen darf.

Der Weg nach Tokio führt jetzt aus­schließ­lich über 5 Tur­nie­re, die im ers­ten Halb­jahr 2020 unter der Ver­ant­wor­tung des IOC auf ver­schie­de­nen Kon­ti­nen­ten aus­ge­rich­tet wer­den: Asi­en (2 Tur­nie­re), Süd­ame­ri­ka, Euro­pa und Afrika.

Die­sen Qua­li­fi­ka­ti­ons­tur­nie­ren wird noch in die­sem Jahr in Japan ein Test­tur­nier vor­ge­schal­tet. Die Ver­an­stal­tung wird sinn­vol­ler­wei­se bereits im Ryō­go­ku Koku­gik­an aus­ge­rich­tet, dem natio­na­len Sumo­sta­di­on Japans, in dem spä­ter auch das olym­pi­sche Box­tur­nier durch­ge­führt wird.

Die olym­pi­schen Box­kämp­fe in Tokio 2020 sol­len im Ryō­go­ku Koku­gik­an aus­ge­rich­tet wer­den, dem natio­na­len Sumo-Sta­di­on. Die Ver­an­stal­tungs­stät­te ist auch Aus­rich­tungs­ort des Test­tur­niers im Okto­ber 2020.

IOC nimmt auf AIBA kei­ne Rück­sicht mehr

Die 2019 in Russ­land geplan­ten AIBA-Welt­meis­ter­schaf­ten der Män­ner (7.–21. Sep­tem­ber in Eka­te­rin­burg) und Frau­en (3.–13. Okto­ber in Ulan Ude) spie­len – anders als frü­her – für die Qua­li­fi­ka­ti­on zur Olym­pia­de kei­ne Rol­le mehr.

Auf den Ter­min­plan der AIBA nimmt die Taskforce des IOC bei ihren Pla­nun­gen erkenn­bar kei­ne Rück­sicht mehr: Das Test­tur­nier ist für den 29.–31. Okto­ber 2019 in Tokio fest­ge­setzt. Es beginnt also bereits gute zwei Wochen nach dem Ende der Frau­en-WM und gute fünf Wochen nach dem Ende der Männer-WM.

Eine Teil­nah­me an bei­den Tur­nie­ren wäre nicht nur eine dop­pel­te finan­zi­el­le Belas­tung der Ver­bän­de: Auch sport­lich sind zwei Wett­kampf­hö­he­punk­te in die­sen zeit­li­chen Abstän­den im Fal­le der Frau­en eigent­lich unmög­lich und im Fal­le der Män­ner zumin­dest fragwürdig.

Der »Pathway« für Tokio nimmt auf AIBA-Pla­nun­gen kei­ne Rück­sicht mehr: Zwei Wochen nach den Welt­meis­ter­schaf­ten der Frau­en und fünf Wochen nach den Welt­meis­ter­schaf­ten der Män­ner star­tet das Test­tur­nier des IOC, auf dem zwar noch nicht um Start­plät­ze für Tokio gekämpft wird, das aber den­noch für die Natio­nal­ver­bän­de attrak­tiv sein wird, weil dort zum ers­ten Mal unter der Zustän­dig­keit des IOC geboxt wird.

IOC-Tur­nier in Kon­flikt mit AIBA-WM

So ist zu erwar­ten, dass vie­le Natio­nal­ver­bän­de sich zwi­schen bei­den Tur­nie­ren ent­schei­den wer­den, zumal die Welt­meis­ter­schaf­ten der AIBA für die Olym­pi­schen Spie­le kei­ner­lei Bedeu­tung mehr haben.

Gut mög­lich, dass vie­le Ver­bän­de das Test­tur­nier in Tokio den Welt­meis­ter­schaf­ten der AIBA vor­zie­hen. Denn auch für sie wäre die­ser ers­te Wett­be­werb unter der Auf­sicht des IOC eine inter­es­san­te Gene­ral­pro­be für die kom­men­den Tur­nie­re, bei denen zum ers­ten Mal seit dem 2. Welt­krieg nicht mehr unter der Regie der im Jahr 1946 gegrün­de­ten AIBA geboxt wird.

Denk­bar erscheint aller­dings auch, dass die natio­na­len Ver­bän­de gar nicht mehr ent­schei­den müs­sen, wohin sie ihre Ath­le­ten schi­cken sollen.

AIBA-WM womög­lich infra­ge gestellt?

Russ­land als Aus­rich­ter der Welt­meis­ter­schaf­ten liegt der­zeit im ver­bands­po­li­ti­schen Clinch (Link öff­net neu­es Brow­ser­fens­ter) mit der AIBA. Die Moti­va­ti­on, zwei Welt­meis­ter­schaf­ten zu stem­men, die kei­ne Bedeu­tun­gen mehr für die Olym­pia­qua­li­fi­ka­ti­on haben und daher deut­lich ent­wer­tet schei­nen, dürf­te der­zeit gering sein.

Viel­mehr scheint vor­stell­bar, dass Russ­land die AIBA mit finan­zi­el­len For­de­run­gen kon­fron­tie­ren könn­te, weil die Vor­aus­set­zun­gen sich nun ganz anders dar­stel­len als zu den Zei­ten, in denen der Zuschlag zur Aus­rich­tung der Welt­meis­ter­schaf­ten erteilt wurde.

Einen Streit über finan­zi­el­le For­de­run­gen ist aller­dings das letz­te, was die kri­sen­ge­schüt­tel­te und mone­tär klam­me AIBA jetzt gebrau­chen könn­te. Schon jetzt wird in Lau­sanne jeder Cent drei­mal umge­dreht. Erwie­sen sich sol­che For­de­run­gen am Ende vor Gericht als berech­tigt, könn­te es der Todes­stoß des Welt­ver­ban­des sein.

Eine oder zwei aus­fal­len­de Welt­meis­ter­schaf­ten könn­ten sich aller­dings eben­so töd­lich aus­wir­ken: Sie wür­den ver­deut­li­chen, dass der Ver­band sei­ne ori­gi­nä­ren Auf­ga­ben nicht mehr erfül­len kann und einen wei­te­ren Bedeu­tungs­ver­lust dar­stel­len, der das Ver­trau­en in eine Zukunft noch wei­ter beschä­di­gen dürfte.

Die Spon­so­ren der Box­ab­tei­lung des FC St. Pauli: