Kasachstan gehört sportlich betrachtet zu den boxerischen Schwergewichten. Die zentralasiatische Republik belegt im Ranking der boxerischen Olympia-Erfolge mit sieben Goldmedaillen den neunten Platz – wobei man wissen muss, dass die ehemalige Sowjetrepublik erst seit 1996 eigenständig an den Olympischen Spielen teilnimmt, diesen Platz also in nur sieben olympischen Turnieren erboxt hat. Im Ranking der häufiger ausgetragenen Weltmeisterschaften liegt Kasachstan nach Kuba und Russland mit 18 Goldmedaillen inzwischen sogar auf Platz drei.
Golowkin ist Präsident des NOK Kasachstans
Ein ganz herausragender Name des kasachischen Boxens ist Gennadi Golowkin. Der heutige Profi-Boxer (aktueller Mittelgewichts-Weltmeister der IBF, WBO und IBO) kann im olympischen Boxen auf 340 Siege in 345 Kämpfen zurückblicken. Er gewann unter anderem 2003 bei der WM in Bangkok Gold und ein Jahr darauf bei den Olympischen Spielen in Athen Silber.
Diese sportlichen Verdienste in der in Kasachstan hoch angesehenen Sportart dürften entscheidend dafür gewesen sein, dass Gennadi Golowkin Anfang 2024 an die Spitze des Nationalen Olympischen Komitees Kasachstans gewählt wurde.
Verband ist frei, aber es sei klar, was zu tun sei
Aus dieser Perspektive empfiehlt der Ausnahmeboxer dem kasachischen Boxverband den Anschluss an World Boxing. Das Nationale Olympische Komitee Kasachstans, so Golowkin am 5. Juni gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, versuche den kasachischen Verband davon zu überzeugen, sich World Boxing anzuschließen. Es sei aber die freie Entscheidung des Verbandes. Er habe keine juristische Mittel, hier Einfluss zu nehmen, der Verband müsse seine Position in einem eigenen Prozess finden. Golowkin unterstrich aber, dass das IOC klar aufgezeigt habe, was zu tun sei, um Boxen im olympischen Programm halten zu können. Die rechtlichen Schritte der IBA gegen die Entscheidung des Internationalen Sportgerichtshofes CAS bezeichnete Golowkin in dem Gespräch mit der Nachrichtenagentur als eine Behinderung der Athleten.
Golowkins Stimme dürfte gewisses Gewicht haben
Wenn Golowkin auch unterstreicht, dass der kasachische Verband seine Position selbst finden müsse: Es ist davon auszugehen, dass die Stimme dieses prominenten Vertreters des kasachischen Boxens bei den Funktionären des nationalen Boxverbandes zur Kenntnis genommen wird. Erst recht, da Golowkin sich hier nicht nur als Privatperson und ehemaliger olympischer Boxer äußert, sondern inzwischen auch dem kasachischen Nationalen Olympischen Komitee vorsteht.
Kasachstan ist im Herbst Ausrichter der IBA-Frauen-WM
Obschon Vertreter Kasachstans im Oktober 2023 beim Kongress des asiatischen Kontinentalverbandes zum Thema IBA durch reflektierte Positionen aufgefallen waren, hielten die Kasachen dem alten Weltverband aber bislang die Treue. Eine Verbundenheit, die belohnt wurde: Die IBA hatte die diesjährige Weltmeisterschaft der Frauen an Kasachstan vergeben, die im Herbst in Astana ausgetragen werden soll.
Kaum vorstellbar, dass dies noch so stattfinden könnte, wenn Kasachstan sich bis dahin World Boxing anschlösse. Und wenn doch, müsste man darin wohl eine fortschreitende Erosion der Bindungskraft der IBA sehen, die immer weniger durchsetzen kann, was sie eigentlich beschlossen hatte: Dass es aus ihrer Sicht eigentlich keine Doppelmitgliedschaften geben soll. Tatsächlich duldet die IBA dies schon in einigen Fällen, während sie andere Nationalverbände dafür ausschloss.
Geht ganz Asien bald auf Distanz zur IBA?
Insgesamt mehren sich die Anzeichen dafür, dass die asiatischen nationalen Boxverbände bald womöglich auf größere Distanz zur IBA gehen könnten – oder bereits gegangen sind.
So nimmt China ebenso unbeirrt wie von der IBA unbestraft an Veranstaltungen von World Boxing teil (z.B. im Juni am Grand Prix Usti nad Labem in Tschechien) und das Schwergewicht Indien schloss sich bereits offiziell dem neuen Verband World Boxing an.
Auf einem außerordentlichen Kongress des asiatischen Kontinentalverbandes Ende August in Abu Dhabi ist ein möglicher Anschluss an World Boxing gar das zentrale Thema.