
Im Weltverband des olympischen Boxens World Boxing steht im November ein Wechsel an der Spitze bevor. Der Niederländer Boris van der Vorst hatte unlängst erklärt (Link öffnet neues Fenster), für eine weitere Amtszeit nicht mehr kandidieren zu wollen.
Van der Vorst kandidiert nicht wieder
In einem an alle Mitgliedsverbände gesendeten Schreiben stellte er heraus, dass der Verband sein primäres Ziel erreicht habe: Der Boxsport sei im Herzen der olympischen Bewegung geblieben und Teil der Olympischen Sommerspiele 2028 in Los Angeles. World Boxing zähle inzwischen 120 Mitglieder aus allen fünf Kontinenten, habe einen jährlichen Wettkampfkalender etabliert und eine Weltmeisterschaft der erwachsenen Frauen und Männer durchgeführt.
Dies »war nur dank der Unterstützung und engen Zusammenarbeit vieler Kollegen aus allen Kontinenten möglich. Viele dieser Kollegen werden diesen Brief lesen und ich bin Ihnen allen zutiefst dankbar.«
Wichtige Ziele in erster Amtszeit erreicht
Zu seinem Verzicht auf eine zweite Kandidatur erklärte er: »Meine Zeit als Präsident war erfüllend und inspirierend, aber sie war auch unerbittlich. Nach Jahren des weltweiten Reisens und der täglichen Anforderungen, World Boxing von Grund auf aufzubauen, um die Anforderungen des IOC (Internationalen Olympischen Komitees) und anderer Interessengruppen zu erfüllen, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass ich nicht für eine weitere Amtszeit als Präsident antreten werde.«
Der Vorstand von World Boxing dankte dem scheidenden Präsidenten: Er habe eine Schlüsselrolle dabei gespielt, World Boxing als Weltverband des Boxens in der Olympischen Bewegung zu etablieren und die Wiederaufnahme in das olympische Sportprogramm zu erreichen. Damit habe er dazu beigetragen, den olympischen Traum für Zehntausende von Boxerinnen und Boxern auf der ganzen Welt am Leben zu erhalten.
Drei Kandidaten wollen van der Vorst im Amt folgen
Unterdessen wurden die Namen der möglichen Nachfolger des Niederländers im Amt des Präsidenten bekannt. Ihren Hut in den Ring werfen wollen Gennadi Golowkin (Kasachstan), Wladimir Klitschko (Ukraine) und Haris Mariolis (Griechenland).
- Gennadi Golowkin (geboren 1982) bestritt in seiner Zeit als aktiver olympischer Boxer um die 350 Kämpfe und gewann bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen (Griechenland) die Silbermedaille. Ein Jahr zuvor bei den Weltmeisterschaften in Bangkok gewann er Gold. 2006 wechselte er in das Profiboxen. Hier bestritt er bis zu seinem letzten Kampf im Jahr 2022 45 Kämpfe. Seit 2024 ist er Vorsitzender des Nationalen Olympischen Komitees Kasachstans und hatte hinter den Kulissen sicherlich seinen Anteil daran, dass sich die erfolgreiche Boxnation Kasachstan dem neuen Weltverband World Boxing anschloss. Für World Boxing war Golowkin bereits seit September 2024 als Vorsitzender der neu gegründeten »Olympischen Kommission« tätig.
- Wladimir Klitschko (geboren 1976) kann mit über 100 Kämpfen ebenfalls auf eine erfolgreiche Laufbahn im olympischen Boxsport verweisen, die er 1996 bei den Olympischen Spielen in Atlanta (USA) mit dem Gewinn der Goldmedaille krönte. Er wechselte nach seiner Laufbahn im olympischen Boxen in das professionelle Lager, wo er bis zu seinem Karriereende unter dem Kampfnamen »Dr. Steelhammer« im Jahr 2017 69 Kämpfe bestritt. Wladimir Klitschko ist promovierter Sportwissenschaftler und der jüngere Bruder von Vitali Klitschko – früher ebenfalls ein erfolgreicher Boxer und seit 2014 Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt Kiew.
- Über den dritten Kandidaten, den Griechen Haris Mariolis, ist derweil aus der Distanz nicht viel mehr in Erfahrung zu bringen, als dass er dem griechischen Nationalverband vorsteht. Griechenland trat zeitgleich mit China, der Türkei, dem Sudan, Montenegro und der Slowakei erst im März 2025 dem neuen Weltverband des olympischen Boxens bei. Mit den Beitritten dieser sechs Verbände wuchs World Boxing damals auf 84 Mitglieder an.
Hochkaräter als Kandidaten
Mit Gennadi Golowkin und Wladimir Klitschko treten zwei hochkarätige Kandidaten für das Amt des Präsidenten an, die auf eine eindrucksvolle boxerische Lebensleistung verweisen können. Ihre sportliche Reputation (beide mit olympischem Edelmetall ausgezeichnet) macht sich gut, aber im Grunde ist für das angestrebte Amt wohl wichtiger, dass sie auch jenseits des Seilgevierts Qualifikationen nachweisen können. Von Skandalen ist nichts bekannt – weder zu ihren aktiven sportlichen Zeiten noch danach. Im Vergleich dazu bleibt der dritte Kandidat, der Grieche Haris Mariolis, blass. Was natürlich nicht heißt, dass er deswegen ungeeignet ist. Man kann einfach kaum etwas über ihn in Erfahrung bringen und wird ihn unter den dreien eher als den Außenseiter ansehen müssen.
Gennadi Golowkin mit Vorteilen im Rennen
Von den beiden Kandidaten Gennadi Golowkin und Wladimir Klitschko dürfte der Kasache Golowkin wahrscheinlich die etwas größeren Chancen haben, dem Niederländer Boris van der Vorst in das Amt zu folgen. Golowkin dürfte durch seinen Vorsitz im nationalen olympischen Komitee Kasachstans gut mit dem IOC vernetzt sein – ein wichtiger Punkt für den neuen Weltverband des olympischen Boxens, der vom IOC bislang erst vorläufig anerkannt wurde. Auch im Weltverband World Boxing konnte sich Golowkin seit September 2024 durch seinen Vorsitz der »Olympischen Kommission« etablieren und ist dort kein Fremder mehr. Dazu kommt: Das zentralasiatische Kasachstan hat jüngst bei den Weltmeisterschaften in Liverpool mit eindrucksvollen Medaillenerfolgen erneut unter Beweis gestellt, zu den führenden Boxnationen der Welt zu gehören. Überhaupt wächst die Bedeutung Asiens im olympischen Boxen unübersehbar. All das unterstreicht die Kandidatur Golowkins. Darüber hinaus mögen einige Mitglieder von World Boxing vielleicht gerade einem Kasachen zutrauen, dem leistungsstarken russischen Boxverband in mittlerer oder fernerer Zukunft eine Brücke zurück ins olympische Boxen bauen zu können – ganz nach dem Vorbild des Staates Kasachstan, der das diplomatische Kunststück vollbringt, in der aktuellen politischen Lage gute Beziehungen sowohl zu Russland als auch zur Ukraine zu pflegen. Zwischen Ost und West behauptet die zentralasiatische Republik mit Geschick und Selbstbewusstsein seine Eigenständigkeit.
World Boxing wächst auf 125 Mitglieder
Unterdessen wächst World Boxing weiter. Der Verband meldete kürzlich (Link öffnet neues Fenster) acht neue Mitglieder: Die nationalen Boxverbände Sloweniens, Nordmazedoniens, Qatars, Libyens, des Senegal, Nicaraguas, Kenias und der Ukraine traten dem Weltverband bei und erhöhen seine Mitgliederzahl auf nunmehr 125 Nationalverbände.