Als olym­pi­sches Boxen (frü­her: Ama­teur­bo­xen) bezeich­net man in Abgren­zung zum soge­nann­ten »Pro­fi­bo­xen« jenes Boxen, das ein­heit­lich unter dem Dach eines ein­zi­gen Welt­ver­ban­des und ihrer natio­na­len Sit­zen­sport­ver­bän­de (in Deutsch­land der »Deut­sche Box­sport-Ver­band« – DBV) orga­ni­siert ist und vom Inter­na­tio­na­len Olym­pi­schen Komi­tee (IOC) aner­kannt ist.

Das olym­pi­sche Boxen wur­de frü­her »Ama­teur­bo­xen« genannt. Die Bezeich­nung »olym­pi­sches Boxen« hat sich inzwi­schen jedoch weit­ge­hend durchgesetzt.

Der frü­he­re Begriff »Ama­teur­bo­xen« hat für alte Box­sport­ve­te­ra­nen bis heu­te einen ehren­haf­ten Klang. Für vie­le Jün­ge­re klingt es aber ein wenig anti­quiert nach »Hob­by« – ähn­lich wie Hob­by­ma­ler. Außen­ste­hen­de ver­ste­hen es oft so, als wäre das Ama­teur­bo­xen nur eine qua­li­ta­ti­ve Vor­stu­fe des Pro­fi­bo­xens – so, wie man es von ande­ren Sport­ar­ten kennt, wo der Ama­teur­sport eher eine Frei­zeit­tä­tig­keit ist, die Pro­fi­sport­ler hin­ge­gen so gut sind, dass sie von ihrem Sport leben können. 

Pro­fi­bo­xen ist kei­ne Qualitätsgarantie

Das ist aber im Boxen anders. Olym­pi­sches Boxen und Pro­fi­bo­xen muss man viel­mehr als zwei ganz unter­schied­li­che box­sport­li­che Sys­te­me sehen, die neben­ein­an­der exis­tie­ren. Sie unter­schei­den sich vor allem im Regel­werk sowie in der Orga­ni­sa­ti­on des Sports durch die Ver­bän­de. Dar­auf gehen wir im wei­te­ren Ver­lauf noch näher ein.

Sowohl im Olym­pi­schen Boxen als auch im Pro­fi­bo­xen gibt es Sportler*innen, die unter pro­fes­sio­nel­len Bedin­gun­gen trai­nie­ren, den Sport auf Spit­zen­ni­veau betrei­ben und von ihrem Sport leben kön­nen. Und in bei­den Berei­chen gibt es eine Mehr­heit von Sportler*innen, die im ganz klas­si­schen Sin­ne des Wor­tes Ama­teu­re sind, also neben dem Sport noch ande­ren Beru­fen nach­ge­hen. Die Vor­sil­be »Pro­fi« ist im Box­sport also eher eine Kon­fes­si­ons­be­zeich­nung als ein Qualitätsnachweis.

Lan­ge Zeit waren das olym­pi­sche Boxen und das Pro­fi­bo­xen (vor allem in Deutsch­land) sehr strikt von ein­an­der getrennt. Sportler*innen, Trainer*innen und Funktionär*innen des olym­pi­schen Boxens durf­ten kei­ne sport­li­chen Berüh­rungs­punk­te mit dem Pro­fi­bo­xen haben, um nicht ihre Lizen­zen aufs Spiel zu set­zen. Das hat sich in den letz­ten Jah­ren etwas gelockert. 

Undurch­schau­ba­re Struk­tu­ren im Profiboxen

Das soge­nann­te Pro­fi­bo­xen ist durch ein Sys­tem unter­schied­li­cher und mit ein­an­der kon­kur­rie­ren­der »Ver­bän­de« gekenn­zeich­net, die aber kaum im klas­si­schen Sin­ne Sport­ver­bän­de genannt wer­den kön­nen, da sie eher pri­vat­wirt­schaft­lich agieren. 

Das Pro­fi­bo­xen wird von kom­mer­zi­el­len Inter­es­sen domi­niert. Das hat direk­te Aus­wir­kun­gen auf den Sport, der als Ware ver­kauft wer­den soll. Die Insze­nie­rung des Kamp­fes als Spek­ta­kel und eini­ger Sportler*innen als Held*innen sind daher oft wich­ti­ger als die sport­li­che Qualität. 

So kommt es (vor allem in der »Auf­bau­pha­se« von Profiboxer*innen) mit Absicht oft zu unaus­ge­wo­ge­nen Kämp­fen, die für eine mög­lichst makel­lo­se Kampf­bi­lanz mit vie­len KO-Sie­gen sor­gen sol­len. Die­se Kampf­bi­lan­zen sol­len Lai­en dann als Aus­druck sport­li­cher Qua­li­tät ver­kauft werden. 

Die Unein­heit­lich­keit der Struk­tur führt zudem zu einer Infla­ti­on von Titeln im Pro­fi­bo­xen, die ein Laie gar nicht mehr durch­schaut und die oft von frag­li­chem sport­li­chen Wert sind.

Wenn bei Pro­fi­kämp­fen viel Blut fließt, ist der Sport als Ware noch bes­ser zu ver­mark­ten. So wer­den im Pro­fi­bo­xen oft Kämp­fe durch­ge­führt, die im olym­pi­schen Boxen zum Schutz des Sport­lers gar nicht erst ange­setzt oder schon längst abge­bro­chen wor­den wären. 

Im Gegen­satz dazu ist das olym­pi­sche Boxen von einer ein­heit­li­chen sport­li­chen Struk­tur gekenn­zeich­net und ent­spricht damit dem Auf­bau ande­rer bekann­ter Sport­ar­ten. Die Gesund­heit der Athlet*innen hat im olym­pi­schen Boxen einen sehr hohen Stel­len­wert. Die Dau­er des Kamp­fes ist daher auf drei Run­den begrenzt. Das kommt einer­seits dem Tem­po und der Hand­lungs­dich­te zugu­te, ande­rer­seits blei­ben die Boxer*innen bis zum Ende des Kamp­fes ver­tei­di­gungs­fä­hig. KOs sind daher im olym­pi­schen Boxen die Aus­nah­me – aber auch, weil Ring­rich­ter frü­her als im Pro­fi­bo­xen ein­grei­fen, wenn grö­ße­rer Scha­den dro­hen sollte. 

Dem Pro­fi­bo­xen fehlt außer­dem weit­ge­hend ein »sport­li­cher Unter­bau«, eine sport­li­che Basis. Ein Kin­der- oder Jugend­trai­ning mit vol­len Sport­hal­len sucht man in einem Pro­fi­box­stall jeden­falls ver­ge­bens. Die meis­ten Profiboxer*innen erhiel­ten ihre Aus­bil­dung und Kampf­erfah­rung zuvor im olym­pi­schen Boxen, bevor sie ins Pro­fi­la­ger wechselten.

Eine qua­li­ta­ti­ve Stei­ge­rung ist mit einem sol­chen Wech­sel nicht zwangs­läu­fig ver­bun­den. Auch erfül­len sich in vie­len Fäl­len nicht die Erwar­tun­gen auf gro­ße Ver­diens­te. So manch eine Kar­rie­re als Pro­fi ende­te über kurz oder lang sang- und klang­los im Nie­mands­land dritt­klas­si­ger Box­ga­las. Das Pro­fi­bo­xen ist dann wenig gla­mou­rös, son­dern eine Neben­be­schäf­ti­gung. Das eigent­li­che Geld muss jen­seits des Sports ver­dient werden.

Die wirk­lich bekann­ten und erfolg­rei­chen Profiboxer*innen, die den Durch­bruch geschafft haben, waren in den meis­ten Fäl­len zuvor erfolg­rei­che olym­pi­sche Boxer: Muham­mad Ali, Sugar Ray Leo­nard, Hen­ry Mas­ke, Wla­di­mir Klit­sch­ko, Guil­ler­mo Rigon­deaux und Was­syl Lomat­schen­ko waren alle (z.T. mehr­fa­che) Gewin­ner olym­pi­scher Gold­me­dail­len. Und die Auf­zäh­lung ist nur ein klei­ner Ausschnitt.

Nach Welt­meis­ter­schaf­ten des olym­pi­schen Boxens und nach Olym­pi­schen Spie­len wer­ben Pro­mo­ter des Pro­fi­bo­xens oft olym­pi­sche Boxer ab – zuwei­len mit Ver­spre­chun­gen, die sich oft spä­ter nicht erfül­len. Für das olym­pi­sche Boxen sind die­se Abwer­bun­gen immer sehr ärgerlich.

Die aktu­el­le Lage im Olym­pi­schen Boxen nach dem Aus­schluss des Welt­ver­ban­des IBA durch das Inter­na­tio­na­le Olym­pi­sche Komitee
Das Inter­na­tio­na­le Olym­pi­sche Komi­tee (IOC) hat im Juni 2019 den Welt­ver­band des Olym­pi­schen Boxens IBA (damals noch AIBA) zunächst erst noch vor­erst aus der Gemein­schaft der olym­pi­schen Sport­ver­bän­de aus­ge­schlos­sen. Der Grund waren mani­pu­lier­te Kampf­rich­ter­ent­schei­dun­gen bei den Spie­len in Rio 2016, die Über­schul­dung des Ver­ban­des sowie Män­gel bei den Grund­sät­zen einer guten und trans­pa­ren­ten Ver­bands­füh­rung. Das IOC hat­te der IBA (damals noch AIBA) die Reform des Ver­ban­des auf­er­legt, war aber mit dem Fort­schritt der Din­ge nicht zufrie­den, so dass es im Früh­som­mer 2019 zu die­ser Ent­schei­dung kam. Boxen blieb den­noch 2021 in Tokio eine olym­pi­sche Sport­art. Das Tur­nier wur­de jedoch in der Ver­ant­wor­tung des IOC selbst orga­ni­siert. Die Kri­tik­punk­te wur­den aus Sicht des IOC auch nach den olym­pi­schen Spie­len in Tokio nicht beho­ben. Im Gegen­teil: Das IOC sah den Welt­ver­band inzwi­schen in der Abhän­gig­keit von rus­si­scher Poli­tik. All das führ­te im Juni 2023 zum end­gül­ti­gen Aus­schluss der IBA aus der Fami­lie der olym­pi­schen Sport­ver­bän­de. In Paris 2024 wird das IOC nun ein zwei­tes Mal das Box­tur­nier selbst aus­rich­ten. Inzwi­schen hat sich mit »World Boxing« ein neu­er Welt­ver­band gegrün­det, der sich um eine Aner­ken­nung durch das IOC bemüht und damit die olym­pi­sche Zukunft des Box­sports ret­ten will. Mehr Infor­ma­tio­nen hier (Samm­lung von Berich­ten, Link öff­net sich in neu­em Browserfenster).

Nur olym­pi­sches Boxen ist olympisch

Ein ande­rer wich­ti­ger Unter­schied zwi­schen den bei­den box­sport­li­chen Sys­te­men wird aller­dings schon in der Bezeich­nung »olym­pi­sches Boxen« deut­lich: Nur das olym­pi­sche Boxen ist durch das Inter­na­tio­na­le Olym­pi­sche Komi­tee (IOC) aner­kannt, das Pro­fi­bo­xen hin­ge­gen nicht. Sei­ne Struk­tur und Rah­men­be­din­gun­gen genü­gen den schlicht­weg nicht den olym­pi­schen Ansprü­chen an einen Sport. 

Bei den Olym­pi­schen Spie­len wird also nach den Regeln des olym­pi­schen Boxens gekämpft. Aller­dings: Seit den Olym­pi­schen Som­mer­spie­len 2016 in Rio de Janei­ro kön­nen auch Profiboxer*innen an den Spie­len teil­neh­men. Das IOC woll­te mit die­ser Ent­schei­dung sicher­ge­stellt wis­sen, dass unab­hän­gig von Ver­bän­den und Eigen­zu­schrei­bun­gen als Pro­fi wirk­lich die bes­ten Boxer*innen einen Zugang zu den Olym­pi­schen Spie­len haben. Für eine Teil­nah­me müs­sen sich die Profiboxer*innen jedoch in vor­ge­schal­te­ten Tur­nie­ren des olym­pi­schen Boxens genau­so qua­li­fi­zie­ren wie alle ande­ren olym­pi­schen Boxer*innen auch. Eine Son­der­rol­le oder einen Bonus für Pro­fis (etwa, weil sie ihre Qua­li­tät schon unter Beweis gestellt hät­ten) gibt es nicht.

Vie­le Profiboxer*innen bemü­hen sich jedoch gar nicht um eine Teil­nah­me an den Olym­pi­schen Spie­len. Und von denen, die es seit 2016 ver­sucht haben, schei­ter­ten vie­le schon an der Qua­li­fi­ka­ti­on oder schie­den dann früh im Lau­fe des olym­pi­schen Box­tur­niers aus. 

Auf der einen Sei­te mag es für Pro­fi­bo­xer ein­fach nicht attrak­tiv sein, den gro­ßen Auf­wand zu betrei­ben, um am Ende »nur« eine Medail­le gewin­nen zu kön­nen. Sie müs­sen sich dafür immer­hin den Ver­bän­den des olym­pi­schen Boxens sowie einem natio­na­len Olym­pi­schen Komi­tee unter­stel­len und dar­über hin­aus das stren­ge Anti-Doping-Sys­tem des olym­pi­schen Sports akzeptieren. 

Auf der ande­ren Sei­te mögen sie viel­leicht auch Sor­gen haben, im Fal­le des Schei­terns an »Markt­wert« zu ver­lie­ren. Bekann­te Namen des Pro­fi­bo­xens könn­ten viel­leicht unsanft auf den Boden der Tat­sa­chen lan­den, wenn sie bereits in einem vor­ge­la­ger­ten Qua­li­fi­ka­ti­ons­tur­nier oder bei den Olym­pi­schen Spie­len selbst schon früh ausscheiden.

Olym­pi­sche Spiele

Das Box­tur­nier im Rah­men der olym­pi­schen Spie­le hat in unse­rem Sport mit Abtand den größ­ten sport­li­chen Stel­len­wert. Eine Gold­me­dail­le bei den Olym­pi­schen Spie­len zu gewin­nen, dürf­te der größ­te sport­li­che Traum aller Boxer*innen sein.

Dabei ist das olym­pi­sche Box­tur­nier klei­ner als die Welt­meis­ter­schaf­ten (s.u.). Es wird näm­lich nur in aus­ge­wähl­ten Gewichts­klas­sen und mit einer Höchst­zahl an Boxer*innen aus­ge­tra­gen, wäh­rend bei den Welt­meis­ter­schaf­ten alle Natio­nen in allen Gewichts­klas­sen Boxer*innen zum Tur­nier mel­den können.

Die­se Limi­tie­rung der Start­plät­ze macht es erfor­der­lich, dass sich die Boxer*innen in den aus­ge­wähl­ten olym­pi­schen Gewichts­klas­sen vor­ab in vor­ge­schal­te­ten gro­ßen kon­ti­nen­ta­len Tur­nie­ren durch Wett­kampf­erfol­ge qua­li­fi­zie­ren müs­sen. Die­se gna­den­lo­se »Aus­le­se« sorgt dafür, dass am Ende bei den Olym­pi­schen Spie­len wirk­lich nur die bes­ten Boxer*innen aller Kon­ti­nen­te starten.

Der Stel­len­wert der Olym­pi­schen Spie­le und ihre Bedeu­tung für die staat­li­che Unter­stüt­zung des Spit­zen­sports ist in vie­len Län­dern so hoch, dass sich auf natio­na­ler Ebe­ne die meis­ten sport­li­chen Pla­nun­gen dem so genann­ten olym­pi­schen Zyklus (alle vier Jah­re sind Olym­pi­sche Spie­le) ein­fü­gen müssen.

Die olym­pi­schen Spie­le sind der hoch­wer­tigs­te Wett­kampf: In vor­ge­schal­te­ten gro­ßen kon­ti­nen­ta­len Tur­nie­ren müs­sen sich die Sportler*innen durch Wett­kampf­erfol­ge über­haupt erst qua­li­fi­zie­ren, um bei den Spie­len star­ten zu dür­fen. Die­se gna­den­lo­se »Aus­le­se« sorgt dafür, dass am Ende bei den Olym­pi­schen Spie­len wirk­lich nur die bes­ten Boxer*innen aller Kon­ti­nen­te starten.

Spit­zen­sport im olym­pi­schen Boxen

In den olym­pi­schen Sport­ar­ten, in denen wegen einer gerin­ge­ren Ver­markt­bar­keit wenig Geld ver­füg­bar ist, ist die Ent­wick­lung der Spit­zen­leis­tung in star­kem Maße von staat­li­cher Unter­stüt­zung abhängig. 

Vor allem das für Sport zustän­di­ge Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­um bezu­schusst die Arbeit der Sport­ver­bän­de, die über die Ver­wen­dung der Mit­tel genaue Nach­wei­se füh­ren müssen. 

Aus die­sen För­der­leis­tun­gen kön­nen (oft in Ver­bin­dung mit wei­te­ren För­de­run­gen) Trai­nings­stütz­punk­te, Trai­nings­maß­nah­men, Trai­ner­ge­häl­ter, Rei­se­kos­ten für Wett­kampf­teil­nah­men u.v.m. bezahlt wer­den. Von die­ser staat­li­chen För­de­rung pro­fi­tiert auch der Deut­sche Box­sport-Ver­band, da Boxen eine olym­pi­sche Sport­art ist.

Dar­über hin­aus hat der Deut­sche Box­sport-Ver­band (DBV) die Mög­lich­keit, eine bestimm­te Zahl von Spitzensportler*innen für die Auf­nah­me in die Sport­för­der­grup­pe der Bun­des­wehr vorzuschlagen. 

Nach einer Grund­aus­bil­dung kön­nen die­se »Sportsoldat*innen« sich dann an den Bun­des­stütz­punk­ten des DBV ganz dem Trai­ning und dem Wett­kampf wid­men. Ihr Lebens­un­ter­halt ist durch den Sold gesi­chert, den sie als Soldat*innen erhal­ten. Neigt sich die sport­li­che Kar­rie­re dem Ende ent­ge­gen, kön­nen sie berufs­qua­li­fi­zie­ren­de Maß­nah­men in Anspruch neh­men, um sich auf ein Leben nach dem Leis­tungs­sport und nach der Bun­des­wehr vorzubereiten.

Auch die Bun­des­län­der, der Deut­sche Olym­pi­sche Sport­bund (DOSB) und die Deut­sche Sport­hil­fe sind wich­ti­ge Unter­stüt­zer des olym­pi­schen Boxsports.

Aus dem Sta­tus des olym­pi­schen Boxens als olym­pi­sche Sport­art und sei­ner Zuge­hö­rig­keit zum Deut­schen Olym­pi­schen Sport­bund (DOSB) ergibt sich, dass es den stren­gen Anti-Doping-Regeln der WADA und der NADA unterliegt. 

Vor allem jene Athlet*innen, die der Deut­sche Box­sport-Ver­band (DBV) auf inter­na­tio­na­ler Ebe­ne für Wett­kämp­fe ein­setzt, unter­lie­gen (wie auch die Spitzensportler*innen der ande­ren olym­pi­schen Sport­ar­ten) einem eng­ma­schi­gen Netz aus Kon­trol­len und müs­sen z.B. der NADA gegen­über stets ihren Auf­ent­halts­ort ange­ben, damit sie für unan­ge­kün­dig­te Kon­trol­len ange­trof­fen wer­den können.

Ohne staat­li­che För­de­rung hät­te es der olym­pi­sche Box­sport schwer. Zustän­dig für den Sport ist vor allem das Innenministerium.

Klas­si­scher Vereinssport

Man fin­det in vie­len pri­vat­wirt­schaft­lich betrie­be­nen Sport­schu­len oder Fit­ness­stu­di­os Box­an­ge­bo­te, oft in Form von zeit­lich begrenz­ten Kur­sen. Dies ist jedoch kein olym­pi­sches Boxen, da sie auf­grund ihres kom­mer­zi­el­len Hin­ter­grun­des (kom­mer­zi­ell = es gibt Inhaber*innen, die mit dem Sport­an­ge­bot Gewinn­ab­sich­ten ver­bin­den) nicht Teil der in Deutsch­land eta­blier­ten und staat­lich geför­der­ten Sport­struk­tur sein können.

In Deutsch­land ist das olym­pi­sche Boxen viel­mehr ein klas­si­scher Ver­eins­sport wie z.B. Fuß­ball, Hand­ball oder Vol­ley­ball etc. Die Ver­ei­ne bil­den die sport­li­che Basis. Sie sind 

  • sport­fach­lich in einem der 17 Lan­des­ver­bän­de des olym­pi­schen Boxens orga­ni­siert. Die­se Lan­des­ver­bän­de sind wie­der­um im Deut­schen Box­sport-Ver­band (DBV) zusam­men­ge­fasst. Der DBV gehört wie­der­um einem euro­päi­schen Kon­ti­nen­tal­ver­band und einem Welt­ver­band an. Außer­dem ist der DBV Teil des Deut­schen Olym­pi­schen Sport­bun­des (DOSB).
  • über­fach­lich dem Stadt- oder Kreis­sport­bund ange­schlos­sen, der dem Lan­des­sport­bund ange­hört. Der Lan­des­sport­bund gehört dem Deut­schen Olym­pi­schen Sport­bun­des (DOSB) an, der als Natio­na­les Olym­pi­sche Komi­tee wie­der­um dem Inter­na­tio­na­len Olym­pi­schen Komi­tee (IOC) angehört.

Bun­des­weit sind im Deut­schen Box­sport­ver­band (DBV) bzw. sei­nen ange­schlos­se­nen Lan­des­ver­bän­den in über 800 Ver­ei­nen etwa 80.000 Mit­glie­der orga­ni­siert. Die Mit­glieds­bei­trä­ge in die­sen Ver­ei­nen sind i.d.R. mode­rat. Im Ver­eins­sport spielt der Gedan­ke der Gemein­nüt­zig­keit eine domi­nie­ren­de Rol­le. Jeder Sport­ver­ein ist abhän­gig von der Bereit­schaft zur Über­nah­me frei­wil­li­ger Auf­ga­ben und län­ger­fris­ti­ger Ehren­äm­ter. Boxen ist also kei­ne teu­re Angelegenheit.

Wett­kampf stellt die Aus­nah­me dar

Aus den oben genann­ten Zah­len errech­net sich, dass der durch­schnitt­li­che Box­ver­ein in Deutsch­land etwa 80 bis 90 Mit­glie­der hat. Aller­dings darf man die­se Zahl nicht mit der Zahl der akti­ven Sportler*innen oder gar Wettkämpfer*innen gleich­set­zen. Eine nicht unbe­trächt­li­che Zahl von Mit­glie­dern sind in allen Ver­ei­nen pas­si­ve Mit­glie­der, die frü­her viel­leicht ein­mal trai­niert haben, irgend­wann jedoch aus beruf­li­chen oder pri­va­ten Grün­den kei­ne Zeit mehr fin­den, »ihrem Ver­ein« als Mit­glied aber wei­ter­hin die Treue halten. 

Dazu kommt, dass in den Box­ver­ei­nen vie­le den Sport betrei­ben, um Spaß zu haben und fit zu blei­ben, aber nicht, um Wett­kämp­fe aus­zu­tra­gen. Denn Wett­kämp­fe sind im Box­sport mit beson­de­ren phy­si­schen und men­ta­len Her­aus­for­de­run­gen ver­bun­den und bedeu­ten auch für den Ver­ein stets einen beson­de­ren Auf­wand. Man wird die Zahl akti­ver Wettkämpfer*innen im deut­schen Box­sport über alle Alters­klas­sen hin­weg viel­leicht mit etwa 4.000 Per­so­nen anneh­men dür­fen. Genaue Zah­len hier­zu gibt es aber nicht. Der Box­sport ist in die­ser Hin­sicht also eher eine Randsportart.

Lizen­zier­te Trainer

Das das olym­pi­sche Boxen in Deutsch­land dem klas­si­schen Sport­sys­tem des Deut­schen Olym­pi­schen Sport­bun­des (DOSB) ange­hört, gilt in sei­nem Bereich auch das Sys­tem der DOSB-Trainer*innen-Lizenzen:

  • C‑Lizenz DOSB (unte­re Ebene)
  • B‑Lizenz DOSB (mitt­le­re Ebene)
  • A‑Lizenz DOSB (obe­re Ebene)
  • Diplom-Trai­ner (Spit­zen-Ebe­ne)

Bei Wett­kämp­fen dür­fen nur lizen­zier­te Trainer*innen in der Rin­ge­cke sein. Die Lizen­zen müs­sen durch regel­mä­ßi­ge Fort­bil­dun­gen ver­län­gert werden. 

Der Wett­kampf­be­trieb

Für vie­le, die klas­si­sche Mann­schafts­sport­ar­ten ken­nen, ist es über­ra­schend, dass der Wett­kampf­be­trieb im olym­pi­schen Box­sport ganz über­wie­gend nicht in Ligen statt­fin­det. Es gibt zwar eine Box-Bun­des­li­ga, aber die Teil­nah­me dar­an ist eine frei­wil­li­ge Ent­schei­dung. Nur eine klei­ne Hand­voll von Ver­ei­nen neh­men an die­ser Liga teil. Unter­halb die­ser Bun­des­li­ga gibt es (von weni­gen regio­na­len Aus­nah­men gele­gent­lich abge­se­hen) kei­ne wei­te­ren Ligen.

Der ganz über­wie­gen­de Teil des Wett­kampf­be­trie­bes fin­det hin­ge­gen im Rah­men von sin­gu­lä­ren Box­ver­an­stal­tun­gen statt, die Ver­ei­ne aus­rich­ten und zu denen sie ande­re Ver­ei­ne zur Teil­nah­me ein­la­den. Die ein­ge­la­de­nen Ver­ei­ne mel­den ihre Wettkämpfer*innen zu die­sen Ver­an­stal­tun­gen und die Aus­rich­ter set­zen aus den ein­ge­gan­ge­nen Mel­dun­gen die Kämp­fe an. 

Bei der Anset­zung der Kämp­fe müs­sen das Geschlecht, die Alters- und Gewichts­klas­sen sowie die boxe­ri­sche Erfah­rung der Sportler*innen berück­sich­tigt wer­den: Man ver­sucht, etwa ver­gleich­ba­re star­ke Boxer*innen für Kämp­fe zusammenzubringen.

Ein Unter­schied zwi­schen olym­pi­schen Boxen und Pro­fi­bo­xen fällt sofort ins Auge: Im olym­pi­schen Boxen tra­gen die Wett­kämp­fer Tri­kot­hem­den. Die Far­be der Wett­kampf­klei­dung ist i.d.R. blau oder rot und ent­spricht damit der Far­be der Rin­ge­cken. Jugend­li­che und Frau­en tra­gen einen Kopf­schutz im Wettkampf.

Vie­le der ein­ge­gan­ge­nen Mel­dun­gen pas­sen unter die­sen Gesichts­punk­ten gar nicht zusam­men: Aus 150 gemel­de­ten Sportler*innen kom­men daher oft nur 15 oder 20 Kämp­fe zustan­de. Das heißt, dass nur 30 oder 40 Sportler*innen berück­sich­tigt wer­den. Die ande­ren gut 100 Sportler*innen gehen jedoch leer aus und müs­sen dar­auf hof­fen, dass sie bei ande­ren Ver­an­stal­tun­gen zum Zuge kommen.

Der Wett­kampf­be­trieb ist im olym­pi­schen Boxen medi­zi­nisch streng über­wacht: Alle Wettkämpfer*innen wer­den ein­mal jähr­lich gründ­lich ärzt­lich unter­sucht. Ohne ein posi­ti­ves Attest dür­fen sie kei­ne Wett­kämp­fe bestrei­ten. Am Tag des Wett­kamp­fes erfolgt eine wei­te­re ärzt­li­che Unter­su­chung. In den Ring darf nur, wer auch die­se Hür­de genom­men hat. In den jün­ge­ren Alters­klas­sen gibt es außer­dem Bestim­mun­gen zu der Anzahl der Kämp­fe, die im Jahr bestrit­ten wer­den dür­fen, sowie zu den Min­dest­ab­stän­den zwi­schen Wettkämpfen. 

Dass KOs sel­ten vor­kom­men, wur­de zuvor schon erwähnt. Es gibt Tur­nie­re mit meh­re­ren Hun­dert Kämp­fen, bei denen viel­leicht nur 3 oder 4 Kämp­fe durch KO ent­schie­den wer­den. Meist sind es auch dann kei­ne KOs mit Bewusst­lo­sig­keit. Den­noch: Endet ein Kampf mal mit KO, wird eine mehr­wö­chi­ge Sper­re ver­hängt, die auch für Spar­ring gilt. Im Wie­der­ho­lungs­fall ver­län­gert sich sie Sper­re relevant.

Gro­ßer Auf­wand für Wettkämpfe

Wenn man Pech hat, kommt man mehr­fach hin­ter­ein­an­der trotz Mel­dun­gen nicht zu Kämp­fen. Eine der wich­tigs­ten Eigen­schaf­ten, die Wettkämpfer*innen im Box­sport ent­wi­ckeln müs­sen, ist also die Geduld und die Frustrationstoleranz. 

Unter die­sen Umstän­den ist es schon sehr außer­ge­wöhn­lich, wenn man es im Jahr auf viel­leicht 15 oder 20 Kämp­fe bringt. Vor allem wenn man bedenkt, dass die meis­ten Wett­kampf­ver­an­stal­tun­gen im Früh­jahr und im Herbst statt­fin­den, es aber im Som­mer und rund um die Weih­nachts­zeit ruhi­ger wird. Man­che Wettkämpfer*innen kom­men auch nur auf 4 bis 6 Kämp­fe im Jahr. Tritt jemand in einer Gewichts­klas­se an, in der es gar nicht vie­le Gegner*innen gibt, braucht es viel Geduld.

Weil es nicht so vie­le Box­ver­ei­ne wie z.B. Fuß­ball­ver­ei­ne gibt, ist man im Box­sport schnell wei­te­re Stre­cken unter­wegs – viel­leicht sogar nur für einen ein­zi­gen Kampf. Das bedeu­tet für Sportler*innen und auch Trainer*innen einen hohen Zeit­ein­satz und für den Ver­ein einen hohen orga­ni­sa­to­ri­schen und finan­zi­el­len Aufwand. 

Die­ser gro­ße Auf­wand sowie die sehr expo­nier­te Wett­kampf­si­tua­ti­on (man könn­te eben­so zuge­spitzt wie nicht ganz zutref­fend sagen, dass man sich öffent­lich »prü­gelt« und dafür am Ende bewer­tet wird) haben zur Fol­ge, dass in den meis­ten Box­ver­ei­nen nur eine klei­ne Min­der­heit den Box­sport als Wett­kampf­sport betreibt. Die gro­ße Mehr­heit aber boxt, um am Sport Spaß zu haben und mit ihm fit zu blei­ben. Als Teil der Trai­nings­ge­mein­schaft sowie als Trai­nings­part­ner der ambi­tio­nier­te­ren Sportler*innen spie­len sie aber eine wich­ti­ge Rolle.

Box­ver­an­stal­tun­gen der Vereine 

Eben­so wie Teil­nah­me an Box­ver­an­stal­tun­gen ist auch ihre Aus­rich­tung frei­wil­lig: Kein Ver­ein wird dazu gezwun­gen. Vie­le Ver­ei­ne machen daher nur eine Ver­an­stal­tung im Jahr, man­che noch sel­te­ner oder nie, nur weni­ge Ver­ei­ne ver­an­stal­ten mehr­fach im Jahr. 

Dazu muss man aller­dings wis­sen: Für die Ver­ei­ne ist die Durch­füh­rung einer eige­nen Box­ver­an­stal­tung immer ein gro­ßer pla­ne­ri­scher und tech­ni­scher Auf­wand, bei dem vie­le Mit­glie­der Auf­ga­ben über­neh­men müs­sen. Für den Trans­port des zer­leg­ten Box­rings muss oft ein Lkw gemie­tet wer­den, für den Auf- und Abbau des Rings müs­sen meh­re­re Leu­te meh­re­re Stun­den arbei­ten. Man­che Ver­ei­ne haben gar kei­nen eige­nen wett­kampf­taug­li­chen Box­ring, ande­re Ver­ei­ne fin­den wie­der­um kei­ne geeig­ne­te Wett­kampf­stät­te, die ihnen an einem Sams­tag (dem klas­si­schen Wett­kampf­tag im Boxen) den gan­zen Tag zur Ver­fü­gung steht.

Zeit­rei­se in den nicht durch­kom­mer­zia­li­sier­ten Sport

Box­ver­an­stal­tun­gen des olym­pi­schen Boxens umfas­sen in der Regel 15 bis 20 Kämp­fe und dau­ern somit meh­re­re Stun­den. Meis­tens wer­den sie (auch hier­in ganz der klas­si­sche Ver­eins­sport) in nor­ma­len Schul­turn­hal­len durchgeführt.

Dabei gibt es eine bun­te Mischung aus ganz unter­schied­li­chen Kämp­fen: Kin­der, Jugend­li­che und Erwach­se­ne boxen auf den­sel­ben Ver­an­stal­tun­gen. Frau­en eben­so wie Män­ner (Frau­en aller­dings sel­te­ner, da Boxen immer noch eine männ­lich domi­nier­te Sport­art ist). 

Auch das Leis­tungs­ni­veau ist in der Regel sehr unter­schied­lich: Auf ein und der­sel­ben Ver­an­stal­tung kann man blu­ti­ge Anfän­ger und manch­mal deut­sche Meis­ter nach­ein­an­der im Ring sehen. Das hat eine ganz eige­ne Attrak­ti­vi­tät: In den Kämp­fen der Anfänger*innen bewun­dert man eher den Mut der Betei­lig­ten und fühlt mit ihrer Auf­re­gung, in den Kämp­fen der Erfah­re­nen genießt man viel­leicht mehr die Schön­heit des Sports.

Die Ein­tritts­prei­se sind güns­tig (i.d.R. zwi­schen 5 und 15 EUR), meist hat man freie Platz­wahl. Wer recht­zei­tig kommt, kann viel­leicht direkt am Ring in der ers­ten Rei­he sitzen. 

Ver­an­stal­tun­gen des olym­pi­schen Boxens sind oft eine char­man­te Zeit­rei­se zurück in den noch nicht durch­kom­mer­zia­li­sier­ten Sport – ohne Klatsch­pap­pen und ani­mie­ren­de Mas­kott­chen. Wer Fil­ter­kaf­fee mit Dosen­milch sowie Bock­würs­te, Fri­ka­del­len und beleg­te Bröt­chen mag, der kommt bei sol­chen Ver­an­stal­tun­gen auch kuli­na­risch auf sei­ne Kosten. 

Nicht ganz ein­fach ist es, von sol­chen Box­ver­an­stal­tun­gen über­haupt zu erfah­ren. Auch wenn sie in der Regel öffent­lich sind: Die meis­ten Box­ver­ei­ne haben sich an den Sta­tus der Rand­sport gewöhnt. Gewor­ben wird für die Ver­an­stal­tun­gen also eher in den eige­nen Netz­wer­ken. Bes­ser orga­ni­sier­te Lan­des­ver­bän­de haben auf ihrer Web­site viel­leicht einen Ver­an­stal­tungs­ka­len­der mit aktu­el­len Ter­mi­nen von Wettkampfveranstaltungen.

Deut­sche Meisterschaften

Die jähr­li­chen Meis­ter­schaf­ten im Boxen wer­den auf Lan­des­ver­bands­ebe­ne (bei gro­ßen Lan­des­ver­bän­den auch auf unter­ge­ord­ne­ten Bezirks­ebe­nen) und auf Bun­des­ebe­ne ausgetragen. 

Zu den Meis­ter­schaf­ten auf Lan­des­ver­bands­ebe­ne wer­den die Sportler*innen durch die Ver­ei­ne gemel­det. Zu den Meis­ter­schaf­ten auf Bun­des­ebe­ne mel­den die Lan­des­ver­bän­de die Athlet*innen.

Dabei hat jede Alters­klas­se (mit Aus­nah­me der jüngs­ten Alters­klas­se U13) ihre eige­ne Meis­ter­schaft: Es gibt also Meis­ter­schaf­ten in den Alters­klas­sen U15, U17, U19 und bei den Erwach­se­nen. Dazu kom­men auf Bun­des­ebe­ne noch Meis­ter­schaf­ten in den beson­de­ren Alters­klas­sen U18 und U22, die ansons­ten aber im Wett­kampf­be­trieb kei­ne Rol­le spielen.

In den Meis­ter­schaf­ten einer Alters­klas­se bil­den die Gewichts­klas­sen eigen­stän­di­ge Tur­nier­grup­pen. Es gibt also meh­re­re Meis­ter­ti­tel. Daher spricht man im Boxen von den Meis­ter­schaf­ten oft in der Mehr­zahl: Meis­ter­schaf­ten statt Meis­ter­schaft. Typi­sche Bezeich­nun­gen von Meisteri­teln wäre also: »Deut­sche Meis­te­rin 2024 der Alters­klas­se U17 im Ban­tam­ge­wicht« oder »Lan­des­meis­ter NRW 2022 der männ­li­chen U19 im Halbschwergewicht«. 

Im olym­pi­schen Boxen sind Meis­ter­schaf­ten in der Regel mehr­tä­gi­ge Tur­nie­re, die vom ers­ten Tag an im »KO-Modus« aus­ge­tra­gen wer­den. Eine Grup­pen­pha­se, wie man es z.B. von einer Euro­pa­meis­ter­schaft im Fuß­ball kennt, gibt es im Boxen nicht. Eine Nie­der­la­ge führt dazu, dass man aus dem Tur­nier aus­schei­det (daher »KO-Modus«). Wie vie­le Kämp­fe man bestrei­ten (und vor allem gewin­nen) muss, um einen Meis­ter­ti­tel zu bekom­men, hängt davon ab, wie groß die Tur­nier­grup­pe ist. 

Tritt man in einer Gewichts- und Alters­klas­se an, in der die Kon­kur­renz sehr gering ist, kann man auf Lan­des­ver­bands­ebe­ne viel­leicht das Tur­nier schon direkt im Halb­fi­na­le oder gar Fina­le begin­nen. Mit einem ein­zi­gen Tur­nier­kampf, den man gewon­nen hat, ist man dann schon Meister*in gewor­den. Und mit einem ein­zi­gen Kampf, den man ver­lo­ren hat, Vizemeister*in. Zur objek­ti­ven Beur­tei­lung der sport­li­chen Leis­tung gehört also in sol­chen Fäl­len ein wenig Hintergrundwissen. 

In gro­ßen Lan­des­ver­bän­den oder auf Bun­des­ebe­ne kann es schon anders aus­se­hen. Da wer­den die Teil­neh­mer­fel­der grö­ßer und der Weg zum Titel damit län­ger. Auch wenn Titel dort schwie­ri­ger zu errei­chen sind: Der Leis­tungs­ent­wick­lung im Box­port nutzt es, wenn die Kon­kur­renz grö­ßer und der Weg zum Titel damit län­ger ist.

Welt­meis­ter­schaf­ten

Natür­lich gibt es im olym­pi­schen Boxen auch Kon­ti­nen­tal- und Welt­meis­ter­schaf­ten – und das auch in den ver­schie­de­nen Alters­klas­sen (augenom­men die ganz jun­gen Altersklassen). 

Die­se Tur­nie­re sind sehr gro­ße Ver­an­stal­tun­gen. An den Welt­meis­ter­schaf­ten der erwach­se­nen Män­ner 2023 in Tasch­kent (Usbe­ki­stan) haben z.B. 538 Boxer aus 107 Natio­nen in 13 Gewichts­klas­sen teil­ge­nom­men. Bis in allen 13 Gewichts­klas­sen in den Final­kämp­fen die Ent­schei­dun­gen über Gold und Sil­ber fie­len, waren 525 Kämp­fe erfor­der­lich gewe­sen. Ein sol­ches Tur­nier zieht sich über einen Zeit­raum von fast zwei Wochen hin. An jedem Wett­kampf­tag (mit Aus­nah­me der Halb­fi­nal- und Final­kämp­fe) wird in drei täg­li­chen Ver­an­stal­tun­gen in zwei Rin­gen par­al­lel geboxt. 

Die größ­te Tur­nier­grup­pe bei der Män­ner-WM 2023 war das Halb­mit­tel­ge­wicht (bis 71 kg) mit 59 gemel­de­ten Boxern. In einer so gro­ßen Tur­nier­grup­pe star­tet der Wett­be­werb im 1/32-Fina­le (»Round of 64«). Von dort bis zum Fina­le muss der spä­te­re Titel­trä­ger sechs Kämp­fe in Fol­ge gewin­nen – und zwar gegen die bes­ten Boxer der ande­ren Natio­nen mit von Run­de zu Run­de wach­sen­der Schwie­rig­keit, weil sich die bes­se­ren Boxer durch wie­der­hol­te Sieg­leis­tun­gen buch­stäb­lich nach vor­ne boxen. Die Geg­ner kann man sich dabei nicht aus­su­chen, denn das Tur­nier wird ausgelost.

Unter sol­chen Bedin­gun­gen eine Meis­ter­schaft zu gewin­nen, darf sport­lich ungleich höher ein­ge­schätzt wer­den als im so genann­ten Pro­fi­bo­xen, wo der Titel in einem ein­zel­nen Kampf gewon­nen bzw. ver­tei­digt wird und der Geg­ner ent­we­der durch den Ver­band (wenn es eine Pflicht­ver­tei­di­gung ist) oder durch den Titel­trä­ger selbst (wenn es eine frei­wil­li­ge Ver­tei­di­gung) aus­ge­sucht wird. So oder so ent­schei­det sich am grü­nen Tisch, wer der Geg­ner ist – und nicht in einem objek­ti­ven Ver­fah­ren der Aus­lo­sung inner­halb eines gro­ßen Teilnehmerfeldes.


Wei­te­re Informationen: