Tokio 2020: Koope­ra­ti­on mit Pro­fis scheint möglich

IOC will vielleicht auf Hilfe der Profis zurückgreifen

Das Inter­na­tio­na­le Olym­pi­sche Komi­tee (IOC) stell­te ges­tern in einer weit­rei­chen­den Ent­schei­dung klar, dass die AIBA als Welt­ver­band des olym­pi­schen Boxens mit der Aus­rich­tung des olym­pi­schen Box­tur­niers in Tokio 2020 nichts zu tun haben wird.

Die Ent­schei­dung muss Ende Juni zwar noch von der Voll­ver­samm­lung bestä­tigt wer­den, aber dies gilt nach ver­brei­te­ter Ansicht eigent­lich nur noch als For­ma­li­tät. Selbst wenn die AIBA in die­ser Sache den Inter­na­tio­na­len Sport­ge­richts­hof CAS anruft, dürf­te das IOC mit Blick auf die davon eilen­de Zeit vor­erst sei­nen Kurs fortsetzen.

Der Prä­si­dent des Inter­na­tio­na­len Tur­ner­bun­des orga­ni­siert nun das olym­pi­sche Boxen

Die­ser Kurs sieht vor, dass das Boxen im Pro­gramm der nächs­ten Som­mer­spie­le blei­ben soll – sogar in unver­än­der­tem Umfang. Nur eben ohne die AIBA. Statt­des­sen hat das IOC nun den Prä­si­den­ten des Inter­na­tio­na­len Tur­ner­bun­des, den Japa­ner Mor­i­na­ri Watana­be, mit der Orga­ni­sa­ti­on des Tur­niers und der vor­an­ge­hen­den Qua­li­fi­ka­ti­ons­wett­be­wer­be beauftragt.

Der gab nun zu, erst zwei Tage vor der Ent­schei­dung gefragt wor­den zu sein – und in der Welt des Boxen noch nicht so recht den Durch­blick zu haben. Den will sich der Japa­ner nun schleu­nigst in Lau­sanne ver­schaf­fen. Dort will er mit vie­len Leu­ten reden, um für die Ath­le­ten die bes­te Lösung zu finden.

Wer­den nun Funk­tio­nä­re des Pro­fi­bo­xens mitmischen?

Dabei hat Watana­be offen­sicht­lich kei­ne Berüh­rungs­ängs­te vor dem so genann­ten Pro­fi­bo­xen: »Wenn ich mit Pro­fis spre­chen muss oder wir Kampf­rich­ter von pro­fes­sio­nel­len Box­ver­bän­den brau­chen, wer­den wir sie bekommen.«

Die­se Äuße­run­gen rufen in Erin­ne­rung, dass sich der Pro­fi­box­ver­band WBA bereits im Som­mer 2018 selbst als neu­er Part­ner des IOC ins Gespräch gebracht hat­te und für die­sen Vor­stoß im Novem­ber 2018 sogar die Unter­stüt­zung von Wla­di­mir Klit­sch­ko ins Feld füh­ren konn­te (wir berich­te­ten).

Kom­men­tar

Hil­fe von den Pro­fis: Vom Regen in die Traufe?

Mit Mor­i­na­ri Watana­be möch­te man aktu­ell wohl nicht ger­ne tauschen.

Seit drei Tagen trägt der japa­ni­sche Tur­ner­bund-Funk­tio­när die Ver­ant­wor­tung für das sport­li­che Top­er­eig­nis des Boxens auf sei­nen Schul­tern. Und dies nicht etwa mit einem aus­rei­chen­den zeit­li­chen Vor­lauf, son­dern statt­des­sen viel­mehr mit eini­gem ter­min­li­chen Verzug.

Es ist vor die­sem Hin­ter­grund nicht über­ra­schend, dass er sich umschaut, wo er Hil­fe bekom­men könn­te. Auf die Welt der AIBA und ihrer ange­schlos­se­nen oder der ihr unter­ste­hen­den Orga­ni­sa­tio­nen kann er dabei schlecht zurück­grei­fen. Dies wäre in der Öffent­lich­keit und vor dem IOC nur schwer vermittelbar.

Sein Blick mag da auf die Pro­fi­box­ver­bän­de fal­len: Hier, so der nahe­lie­gen­de Gedan­ke, gibt es boxe­ri­sches Know­how, über das er selbst natür­lich nicht ver­fügt. Und das Prä­fix »Pro­fi« mag auch noch die bis­lang im olym­pi­schen Boxen dring­lichst ver­miss­te Pro­fes­sio­na­li­tät suggerieren.

Es wäre gut, wenn ihn jemand in Lau­sanne über die Box­welt aufklärt.

Dar­über, dass – anders als in ande­ren Sport­ar­ten – win­di­ge wirt­schaft­lich ori­en­tier­te Inter­es­sens­ver­bän­de die Vor­sil­be »Pro­fi« geka­pert haben, aber eher »kom­mer­zi­ell« hät­ten neh­men müssen.

Und auch dar­über, dass vie­le Meis­ter­schafts- und Welt­meis­ter­schafts­kämp­fe des so genann­ten Pro­fi­bo­xens aus box­sport­li­cher Sicht ein höchst zwei­fel­haf­tes Niveau haben.

Auch dar­über bit­te, wie sehr das so genann­te pro­fes­sio­nel­le Boxen mit Bling-Bling und Halb­welt ver­ban­delt ist, und dass es kei­ne box­sport­li­che Basis­ar­beit leis­tet, son­dern sich statt­des­sen fort­wäh­rend der gut aus­ge­bil­de­ten olym­pi­schen Boxer bedient – oft mit Ver­spre­chen, die am Ende des Tages nichts wert sind.

Dar­in kann die Zukunft des olym­pi­schen Boxens nicht lie­gen. Sagt ihm dies bit­te jemand? Abends in einer ruhi­gen Minu­te an der Hotelbar?

Die Spon­so­ren der Box­ab­tei­lung des FC St. Pauli: