ASOIF schließt IBA aus, IBA inten­si­viert Enga­ge­ment im Profiboxen

Beginnt die IBA umzudenken?

Auf der 48. Gene­ral­ver­samm­lung der ASOIF (Asso­cia­ti­on of Sum­mer Olym­pic Inter­na­tio­nal Fede­ra­ti­ons – Link öff­net neu­es Fens­ter) am 9. April in Bir­ming­ham (Groß­bri­tan­ni­en) beschloss die Ver­ei­ni­gung der Sport­ver­bän­de der olym­pi­schen Som­mer­spie­le nun den Aus­schluss der IBA.

Die ASOIF folg­te damit erwar­tungs­ge­mäß der Ent­schei­dung der IOC-Ses­si­on zur end­gül­ti­gen Sus­pen­die­rung der IBA im Som­mer 2023. Eine Kla­ge der IBA gegen das IOC vor dem Inter­na­tio­na­len Sport­ge­richts­hof CAS in Lau­sanne blieb erfolg­los: Am 2. April wies der Sport­ge­richts­hof die Kla­ge des Box­ver­ban­des ab.

CAS-Ent­schei­dung wohl endgültig

Die IBA erklär­te in der Reak­ti­on auf ihre Nie­der­la­ge, eine Kla­ge vor dem schwei­ze­ri­schen Bun­des­ge­richt prü­fen zu wol­len. Das schwei­ze­ri­sche Gericht wür­de sich aber – wenn über­haupt – nicht mehr inhalt­lich mit der Ange­le­gen­heit befas­sen, son­dern nur noch im Fal­le von Form­feh­lern tätig wer­den. Der Aus­schluss der IBA aus der Fami­lie der olym­pi­schen Sport­ver­bän­de darf damit mit ziem­li­cher Sicher­heit als end­gül­tig gelten.

In einer Stel­lung­nah­me (Link öff­net neu­es Fens­ter) der IBA nach dem Aus­schluss aus der ASOIF äußers­te der aus­ge­boo­te­te Ver­band zwar die Absicht, sich um eine Wie­der-Aner­ken­nung bemü­hen zu wol­len, aber das scheint ange­sichts der mehr als ein­deu­ti­gen Aus­sa­gen des IOC nur wenig mit den Rea­li­tä­ten zu tun zu haben. 

Mög­li­cher­wei­se scheint daher auch die IBA immer mehr zu ahnen, dass sie mit dem olym­pi­schen Boxen nichts mehr zu tun haben wird. Jeden­falls inten­si­viert der Ver­band nun sein Enga­ge­ment im Profiboxen. 

IBA will sich im Pro­fi­bo­xen verstärken

Am 11. April mach­te die IBA auf ihrer Web­site (Link öff­net neu­es Fens­ter) bekannt, ein Komi­tee für Pro­fi­bo­xen grün­den zu wol­len und hier­für geeig­ne­te Per­so­nen zu suchen. Die Auf­ga­ben die­ses Komi­tees sei­en die Unter­stüt­zung der IBA-Cham­pi­on-Nights (ein bereits bestehen­des Pro­fi-For­mat der IBA) sowie die Bereit­stel­lung von Fach­kennt­nis­sen im Bereich des Pro­fi­bo­xens – ins­be­son­de­re in den Berei­chen Match­ma­king und Regelwerke.

Es hat den Anschein, als beschleu­nig­ten die jüngs­ten Ent­schei­dun­gen des IOC, des Sport­ge­richts­ho­fes und der ASOIF nun eine Ent­wick­lung der IBA, die schon seit län­ge­rer Zeit zu beob­ach­ten ist: Näm­lich die schritt­wei­se Trans­for­ma­ti­on des Ver­ban­des hin zu einem neu­en Pro­fi-Box­ver­band, der sich irgend­wann unter die bereits bestehen­den Pro­fi­ver­bän­de ein­rei­hen könnte.

Abb. oben: Spek­ta­kel bei einer IBA-Cham­pi­ons­night. In die­ses For­mat soll mehr inves­tiert wer­den. Deu­tet das die Ent­wick­lung des frü­he­ren olym­pi­schen Box­ver­ban­des an?

Es ist zu erwar­ten, dass sich nach der Ent­schei­dung des Sport­ge­richts­ho­fes nun eine wach­sen­de Zahl natio­na­ler Box­ver­bän­de um eine Mit­glied­schaft in World Boxing bemü­hen wird. Denn in vie­len Län­dern der Welt hän­gen die Stel­lung und die staat­li­che För­de­rung des Boxens davon ab, ob die Sport­art olym­pisch bleibt. Mit der IBA ist das nicht mehr mög­lich. Das dürf­ten nun auch immer mehr natio­na­le Box­ver­bän­de begreifen.

Olym­pi­sches Boxen könn­te für Russ­land an Bedeu­tung verlieren

Soll­te World Boxing bis Anfang 2025 genug Mit­glieds­ver­bän­de haben, um in den Augen des IOC als Ansprech­part­ner für die olym­pi­sche Zukunft des Boxens gel­ten zu kön­nen, ver­lö­re die IBA schlag­ar­tig einen gro­ßen Teil ihrer Bedeu­tung als Instru­ment rus­si­scher Ein­fluss­nah­me. Ohne Stim­me oder zumin­dest Stör­mög­lich­keit auf der sport­po­li­ti­schen Büh­ne des IOC und der Olym­pi­schen Spie­le könn­te der rus­si­sche Staat daher abwä­gen, ob das Geld aktu­ell nicht bes­ser in Gra­na­ten statt in Gold­me­dail­len inves­tiert wer­den sollte. 

Wenn die Rubel des rus­si­schen Staats­kon­zerns Gaz­prom aber nicht mehr rol­len, müss­te die IBA wohl umden­ken: Kos­ten und Ein­nah­men müss­ten in ein ver­nünf­ti­ges Ver­hält­nis gebracht wer­den. Da mögen ein paar gut ver­mark­te­te Pro­fi­kämp­fe um neu erfun­de­ne Titel an einem Kampf­abend in Dubai inter­es­san­ter sein als (wie im olym­pi­schen Boxen üblich) gro­ße, fast zwei­wö­chi­ge Tur­nie­re mit Hun­der­ten von Boxern durch­zu­füh­ren. Zumal die IBA mit dem Gaz­prom-Geld ein­führ­te, die­se Tur­nie­re auf­wen­dig in Sze­ne zu set­zen und für die zahl­rei­chen Medail­len eines sol­chen Tur­niers üppi­ge Preis­gel­der aus­zu­lo­ben. Auf Kos­ten muss­te nicht geach­tet wer­den, solan­ge der poli­ti­sche Auf­trag die Inves­ti­tio­nen rechtfertigte.

Ruhi­ge­re Fahr­was­ser für das olym­pi­sche Boxen in Sicht?

Die jüngs­ten Ent­schei­dun­gen, sich mit dem neu zu grün­den­den im Pro­fi­box-Komi­tee bes­ser auf­stel­len zu wol­len, könn­ten auf ein sol­ches Umden­ken hin­deu­ten. Dem olym­pi­schen Boxen unter dem Dach eines neu­en Ver­ban­des wür­de es jeden­falls in die Hän­de spie­len, wenn die IBA sich am Ende unter die übli­chen Pro­fi­box­ver­bän­de ein­rei­hen und das Inter­es­se am olym­pi­schen Boxen ver­lie­ren wür­de bzw. auf­ge­ben müss­te. Zumal, wenn die­ser neue Ver­band durch das IOC aner­kannt wird. 

Dass man im Grun­de in zwei Wel­ten lebt und einen nahe­zu ande­ren Sport betreibt, war den­je­ni­gen, die das olym­pi­sche Boxen seit jeher als einen Gegen­ent­wurf zum kom­mer­zia­li­sier­ten Pro­fi­bo­xen ver­stan­den, schon län­ger klar.

Die Spon­so­ren der Box­ab­tei­lung des FC St. Pauli: