Mit Panama, Dänemark, der Mongolei und Französisch Polynesien haben sich jetzt weitere vier nationale Boxverbände »World Boxing« angeschlossen. Damit sind nun 16 Verbände in dem neu gegründeten Weltverband vertreten:
Europa:
- GB Boxing
- England
- Deutschland
- Schweden
- Niederlande
- Dänemark
Amerika:
- USA
- Brasilien
- Kanada
- Argentinien
- Honduras
- Panama
Ozeanien:
- Australien
- Neuseeland
- Franz.-Polynesien
Asien:
- Mongolei
»World Boxing« bemüht sich nach der endgültigen Suspendierung der IBA (früher AIBA) durch das Internationale Olympische Komitee (IOC) um die Anerkennung als olympischer Sportverband.
Dafür wird der Verband das IOC u.a. wohl überzeugen müssen, den Boxsport global und auf hohem Niveau zu repräsentieren. Vor diesem Hintergrund ist der Beitritt der Mongolei als erster asiatischer Nationalverband ein wichtiger Schritt.
Die Lage in Asien
Welche weiteren asiatischen Verbände nun folgen könnten, bleibt spannend. Zwar hatte der asiatische Kontinentalverband ASBC kurz nach der Suspendierung der IBA durch das IOC ein stark klingendes Bekenntnis zum olympischen Charakter des Boxsports abgegeben, aber unter dem Strich dann eben doch nur gesagt, dass man sich dem Verband anschließen werde, der die Anerkennung des IOC erlangt habe.
Voraussetzung einer solchen Anerkennung wird jedoch sein, dass sich eine relevante Zahl nationaler Boxverbände dem neuen Weltverband anschließt, um eben diese Anerkennung überhaupt erst zu bewirken. Mithin müssten die Eintritte (eben als ihre Bedingung) also vor der Anerkennung erfolgen, wenn man denn die olympische Persepktive wirklich retten möchte.
Es bleibt abzuwarten, was die nationalen asiatischen Boxverbände auf ihrem für Oktober in Bangkog anberaumten Kongress der ASBC besprechen und beschließen werden. Mit Kasachstan, Usbekistan, Indien und China gehören dem asiatischen Kontinentalverband jedenfalls sportliche und politische Schwergewichte an. Wenn sich von ihnen ein oder zwei »World Boxing« anschließen würden, wäre dies sicherlich von großer Signalwirkung auf die Boxwelt – und das IOC.
Kasachstan scheint indessen der IBA treu bleiben zu wollen: Die IBA hat dem kasachischen Boxverband erst unlängst die Ausrichtung der Frauen-WM 2024 übertragen. Eine Entscheidung, die eher nach Schulterschluss denn nach Distanzierung klingt.
Die Lage in Afrika
Afrika ist in dem neuen Verband noch gar nicht vertreten. Hier mag die eifrige Reisediplomatie des umtriebigen IBA-Präsidenten Umar Kremlev in den zurückliegenden Jahren besondere Freundschafts- bzw. Treueverhältnisse geschaffen haben – vor allem im Subsahara-Raum. In Nordafrika sind hingegen da und dort schon kritische Stimmen zu vernehmen, so dass über mögliche Beitritte im Moment womöglich eher nördlich der Sahara nachgedacht werden dürfte als südlich der großen Wüste.
Die Lage in Amerika
Auf dem amerikanischen Kontinent gelang es »World Boxing« allerdings schon, relevante Nationen an sich zu binden: Die USA in Nordamerika und Brasilien in Südamerika sind Schwergewichte. Vor allem der Beitritt Brasiliens könnte eine wichtige Brücke bilden zu Nationalverbänden des globalen Südens. Würde sich nun noch Kuba als boxsportliche Weltmacht anschließen, wäre auf dem amerikanischen Kontinent sehr viel gewonnen.
Die Lage in Europa
In Europa ist vor allem der Beitritt Englands für »World Boxing« ein Gewinn. Allerdings scheiterte der Beitritt Irlands (ebenfalls eine wichtige Boxnation) an wenigen Stimmen. Er wäre nur mit einer Satzungsänderung des irischen Verbandes möglich gewesen, die eine Zustimmung von 75% erforderte – und nur sehr knapp verfehlt wurde. Frankreich, Spanien, Italien, die Türkei und vor allem dann auch noch einige osteuropäische Verbände wären in Europa ebenfalls wichtige Zuwächse.
IBA schließt Doppelmitgliedschaften aus
Einige nationale Boxverbände hatten mit dem Beitritt zu »World Boxing« die Absicht verbunden, die Mitgliedschaft in der IBA aufrechtzuerhalten. Verständlich, da die Verhältnisse aktuell noch mehr als unklar sind und die IBA derzeit als einziger Verband einen Wettkampfbetrieb auf internationaler Ebene organisiert.
Dieser Strategie hat die IBA in einem Statement vom 26. August jedoch eine klare Absage erteilt. Sie erinnerte daran, dass den Statuten der IBA zufolge eine Doppelmitgliedschaft in zwei Weltverbänden nicht möglich sei. Gleichzeitig lud sie aber alle Sportler*innen und Offizielle ein, an IBA-Wettbewerben teilzunehmen – und zwar unabhängig vom Mitgliedsstatus ihres Verbandes.
Was auf den ersten Blick großzügig klingt, könnte auf den zweiten Blick aber weniger nett gemeint sein. Während »World Boxing« als neuer Verband mit noch wenigen Mitgliedern naturgemäß erst einmal kleine Brötchen backen muss und z.B. einen eigenen Wettkampfbetrieb bislang noch nicht starten konnte, winkt die IBA immer noch mit hohen Preisgeldern. Aus welchen Quellen das Geld stammt, kann aktuell nur vermutet werden.
Das alles ist umso verlockender, da Athlet*innen und Offizielle offenbar an ihren jeweiligen Verbandsstrukturen vorbei sich selbst einen Zugang zu diesen Wettbewerben verschaffen können – auch hierbei von der IBA unterstützt. Die letzten Weltmeisterschaften der IBA sind hierfür ein Beispiel. Eine Situation, die geeignet ist, jedem Verband, der sich »World Boxing« anschließen will oder schon angeschlossen hat (und sich daher zunächst auch auf kleinere Brötchen einlassen muss), die sportliche Arbeit zu erschweren.