WM in Russ­land: Erst­ma­lig Ein­satz von Sen­sor-Tech­nik im Ring

Daten werden im laufenden Kampf gesammelt

Erstmalig werden bei der WM in Russland während des Kampfes durch Sensoren Daten erhoben. Wird dies die Zukunft des Boxsports verändern?

In ande­ren Sport­ar­ten ist man an die Erhe­bung von Daten im lau­fen­den Spiel bereits gewohnt. Bei Fuß­ball­spie­len ste­hen zum Bei­spiel genaue Aus­wer­tun­gen von Ball­kon­tak­ten, Lauf­we­gen, Lauf­stre­cken, Sprints und ihren Geschwin­dig­kei­ten, Pass­ge­nau­ig­kei­ten, gewon­ne­nen Zwei­kämp­fen und vie­les mehr zur Verfügung.

Auch wenn sich ein Fuß­ball­spiel in Zah­len und Dia­gram­men nie gänz­lich abbil­den las­sen wird: Die Daten erlau­ben inter­es­san­te Ver­glei­che, infor­mie­ren die Zuschau­er und unter­füt­tern die Arbeit von Trai­nern mit empi­risch gesi­cher­tem Material.

Erst­ma­lig Daten­samm­lung im lau­fen­den Kampf

Bei der aktu­el­len WM im Olym­pi­schen Boxen kom­men in Russ­land nun zum ers­ten Mal Sen­so­ren in lau­fen­den Box­kämp­fen zum Ein­satz. Der rus­si­sche Box­ver­band hat in Koope­ra­ti­on mit der in der Schweiz ansäs­si­gen Fir­ma »Sta­ti­sport« ein Pilot­pro­jekt auf die Bei­ne gestellt.

Der Gene­ral­se­kre­tär des rus­si­schen Box­ver­ban­des Ugar Kreml­ev äußert sich dazu wie folgt:

Wir freu­en uns sehr, STA­TI­SPORT an Bord zu haben, um bei den AIBA-Welt­meis­ter­schaf­ten 2019 mit Inno­va­tio­nen zu begin­nen. Dies ist eine sehr span­nen­de Gele­gen­heit für unse­ren Sport, für unse­re Ath­le­ten und für alle Box­fans. STA­TI­SPORT bie­tet inno­va­ti­ve Metho­den zur Ana­ly­se des Sports und wir sind fest davon über­zeugt, dass dies die Wahr­neh­mung des Boxens ver­än­dern wird.

Das Ziel ist, den Zuschau­ern, den Medi­en, den Mann­schaf­ten und auch den Offi­zi­el­len der Ver­bän­de Daten in Echt­zeit zur Ver­fü­gung zu stel­len. Details sind noch nicht bekannt. So ist bis­lang noch nicht klar, wel­che Daten erho­ben werden.

Vor­schrifts­mä­ßi­ge Tref­fer sind zentral

Von zen­tra­ler Bedeu­tung ist für einen Box­kampf natür­lich die Anzahl der vor­schrifts­mä­ßig aus­ge­führ­ten Tref­fer auf die vor­ge­schrie­be­ne Tref­fer­flä­che beim Geg­ner, also auf die Vor­der­sei­te des Kör­pers ober­halb der Gür­tel­li­nie und auf die Vor­der­sei­te des Kop­fes. Man darf gespannt sein, ob die neu ein­ge­führ­te Tech­nik hier­über ver­läss­li­che Zah­len lie­fern kann.

Tech­nisch gut vor­stell­bar ist, dass im schlag­aus­füh­ren­den Hand­schuh Sen­so­ren so ein­ge­ar­bei­tet wer­den, dass die erho­be­nen Daten Auf­schluss geben, ob mit der Vor­der­sei­te des Hand­schuhs geschla­gen wur­de (also kein ver­bo­te­ner Innen­hand­schlag aus­ge­führt wur­de) und mit wel­cher Kraft geschla­gen wurde.

Tref­fer­flä­chen könn­ten ein Pro­blem sein

Pro­ble­ma­ti­scher stellt sich die Lage bei der Tref­fer­flä­che dar: Die Ana­ly­sen müss­ten unter­schei­den kön­nen, ob der Kör­per getrof­fen wur­de oder z.B. nur die Dop­pel­de­ckung. Das ers­te wäre nach aktu­el­len Regeln ein Tref­fer, das zwei­te eher ein Plus­punkt für den­je­ni­gen Sport­ler, der mit dem Block wirk­sam ver­tei­di­gen konnte.

Per­spek­ti­visch könn­te man natür­lich dar­an den­ken, bei­de Sport­ler im Kampf mit dün­nen, eng anlie­gen­den Hem­den unter den Tri­kots aus­zu­stat­ten, die regis­trie­ren, wenn sie vom Hand­schuh des Geg­ners getrof­fen wer­den. Ähn­lich wie beim Fech­ten die Tref­fer des Degens elek­tro­nisch regis­triert werden.

Ein Pro­blem­fall bleibt frei­lich der Kopf, der als gül­ti­ge Tref­fer­flä­che wohl nur dann ver­gleich­bar prä­pa­riert wer­den könn­te, wenn beson­de­re Kopf­schüt­zer ein­ge­führt wür­den. Das ist aber nach Abschaf­fung des Kopf­schut­zes für erwach­se­ne Män­ner im Jahr 2013 und einer beob­acht­ba­ren Annä­he­rung an das das Pro­fi­bo­xen kaum vorstellbar.

Aber auch Daten der jewei­li­gen Kämp­fer zur Antei­len an bestimm­ten Ring­po­si­tio­nen, zum Anteil an der Vor­wärts­be­we­gung sowie zur Kom­ple­xi­tät von Angriffs- und Ver­tei­di­gungs­hand­lun­gen kön­nen inter­es­san­te Auf­schlüs­se geben.

Könn­te so die Zukunft aus­se­hen? Denk­ba­re Daten­ana­ly­sen eines Box­kamp­fes. Beim Fuß­ball ist der Ver­gleich von Spie­ler­da­ten schon längst auf einem hohen Niveau eta­bliert, viel­leicht aber auch etwas ein­fa­cher zu bewerkstelligen.

Pro­jekt mit gro­ßem Potenzial

Grund­sätz­lich ist die Erhe­bung zuver­läs­si­ger und rele­van­ter Daten im Kampf­ver­lauf für alle Betei­lig­ten ein gro­ßes Potenzial:

  • Zuschau­ern könn­ten inter­es­san­te Daten zu einem detail­lier­te­ren Blick auf den Sport ver­hel­fen, der in den Augen vie­ler Lai­en auf blo­ße Kraft und blo­ße Wil­lens­stär­ke redu­ziert wird.
  • Kampf­rich­tern könn­ten die Daten zu einer objek­ti­ve­ren, auf meh­re­ren Para­me­tern fußen­den Bewer­tung der Kämp­fe hel­fen, die jetzt nur sub­jek­tiv und sum­ma­risch nach jeder Run­de beur­teilt werden.
  • Trai­ner könn­ten die Wett­kampf­da­ten als inter­es­san­tes Mate­ri­al zur Steue­rung der Trai­nings­in­hal­te ver­wen­den und so gezielt an der Ver­bes­se­rung bestimm­ter Para­me­ter arbeiten.

 

Die Spon­so­ren der Box­ab­tei­lung des FC St. Pauli: