WM in Russ­land: Letz­ter Ath­let des DBV schei­det im Vier­tel­fi­na­le aus

Das Turnier geht für die deutschen Athleten ohne einen Medaillenplatz zuende

Nelvie Tiafack schied im Viertelfinale als letzter Boxer des DBV aus und beendete die Medaillenhoffnungen des deutschen Teams. Dennoch konnte der 20-jährige Boxer aus Nordrhein-Westfalen mit kämpferischem Einsatz und guter boxerischer Leistung überzeugen.

Am Mon­tag, den 16. Sep­tem­ber, dem ach­ten Wett­kampf­tag der Welt­meis­ter­schaf­ten im rus­si­schen Eka­ta­rin­burg, durf­te sich der Deut­sche Box­sport-Ver­band (DBV) noch über zwei wei­te­re Sie­ge freu­en: Nick Bier und Nel­vie Tai­fack hol­ten im Wel­ter­ge­wicht (bis 69 kg) und im Super­schwer­ge­wicht (über 91 kg) für den DBV zwei wei­te­re Punkt­sie­ge und rück­ten damit in die nächs­te Tur­nier­run­de vor.

Raben­schwar­zer Diens­tag für den Deut­schen Boxsport-Verband

Doch schon der fol­gen­de Tag (17.09.2019, der neun­te Tag des Tur­niers) prüf­te die deut­sche Mann­schaft dann hart: Von den vier Boxern, die den Ein­zug ins Vier­tel­fi­na­le bereits in Sicht­wei­te hat­ten, schie­den drei durch Punkt­nie­der­la­gen aus dem Wett­be­werb aus: Für Amar Abdul­jab­bar (Ham­burg, bis 91 kg), Nick Bier (Nie­der­sach­sen, bis 69 kg) und Ibrag­im Bazuev (Nord­rhein-West­fa­len, bis 81 kg) zer­schlu­gen sich die Hoff­nun­gen auf einen Platz auf dem Sie­ger­po­dest durch Punkt­nie­der­la­gen an die­sem Dienstag.

Nur Super­schwer­ge­wicht Nel­vie Tai­fack dringt ins Vier­tel­fi­na­le vor

Ein­zig der Nord­rhein-West­fa­le Nel­vie Tai­fack konn­te sich mit einem ein­stim­mi­gen und durch­aus über­zeu­gen­den Punkt­sieg ins Vier­tel­fi­na­le der Welt­meis­ter­schaft vor­bo­xen. Mit »nur« noch einem wei­te­ren Sieg wäre ihm als Halb­fi­na­list dann eine Bron­ze­me­dail­le sicher gewe­sen. Doch auch die­se letz­te Hoff­nung auf einen Platz auf dem Sie­ger­trepp­chen soll­te sich schluss­end­lich nicht erfül­len: Am 18.09., dem zehn­ten Wett­be­werbs­tag in Russ­land, ver­ab­schie­de­te sich auch der Rhein­län­der aus dem Rennen.

Die Kämp­fe die­ser letz­ten drei Tur­nier­ta­ge mit deut­scher Betei­li­gung im einzelnen:

16.09.2019:
Nick Bier siegt nach Punk­ten über Bil­ly Lil­je­q­vist aus Schweden

Der Nie­der­sach­se Nick Bier (Wel­ter­ge­wicht bis 69 kg) sieg­te in der Nach­mit­tags­ver­an­stal­tung mit 4:0 Punkt­rich­ter­stim­men über den Schwe­den Bil­ly Lil­je­q­vist. Der Skan­di­na­vi­er moch­te zwar der akti­ve­re und öfter im Vor­wärts­gang boxen­de Sport­ler gewe­sen sein, ver­moch­te aber den deut­schen Ath­le­ten nicht wirk­lich zu stel­len. Der Nie­der­sach­se konn­te sich mit effek­ti­ven Seit­wärts­be­we­gun­gen bedroh­li­chen Situa­tio­nen meist gut zu ent­zie­hen und bewies außer­dem auch das bes­se­re Distanz­ge­fühl, aus dem er kla­re­re Tref­fer set­zen konn­te als der Schwe­de. Hin­zu kam, dass der Schwe­de in der zwei­ten Run­de auch eine Ver­war­nung wegen Schla­gens auf den Hin­ter­kopf hin­neh­men muss­te. Mit dem Punkt­sieg rück­te Nick Bier eine Run­de weiter.

Nick Bier setzt sich im Wel­ter­ge­wicht (bis 69 kg, blau) gegen den Schwe­den Bil­ly Lil­je­q­vist durch (rot) und kommt eine Run­de weiter.

16.09.2019:
Nel­vie Tai­fack siegt nach Punk­ten über Kim Dohye­on aus Südkorea

Weni­ge Stun­den spä­ter setz­te sich der Nord­rhein-West­fa­le Nel­vie Tai­fack (Super­schwer­ge­wicht über 91 kg) in einem sehr über­zeu­gen­den Kampf gegen den Korea­ner Kim Dohye­on durch. Nel­vie Tai­fack übte gegen­über dem Rechts­aus­le­ger kon­se­quent Druck aus, war viel im Vor­wärts­gang und setz­te sei­ne Schlag­hand gut ein. In der zwei­ten und drit­ten Run­de des Kamp­fes konn­te sich der Ath­let des DBV noch stei­gern: Sei­ne Schlä­ge gewan­nen noch an Här­te, so dass es kein Zufall war, dass der Korea­ner in die­sen bei­den Durch­gän­gen jeweils eine hal­be Minu­te vor dem Ende der Run­de ange­zählt wur­de. Die ein­stim­mi­ge Punkt­ent­schei­dung für den deut­schen Ath­le­ten stand außer Zwei­fel, aber es muss den­noch nach einem detail­lier­ten Blick in die Wer­tung wun­dern, dass zwei der drei Punkt­rich­ter unter dem Strich eine Run­de an den Korea­ner gege­ben hatten.

Nel­vie Tai­fack (blau) siegt nach Punk­ten im Super­schwer­ge­wicht (über 91 kg) über den Süd­ko­rea­ner Kim Kim Dohye­on (rot) und zieht in die nächs­te Tur­nier­run­de ein.

17.09.2019:
Amar Abdul­jab­bar unter­liegt nach Punk­ten gegen Hus­sein Ias­haish aus Jordanien

Im 267. Kampf die­ser Welt­meis­ter­schaf­ten traf der Ham­bur­ger Amar Abdul­jab­bar im Schwer­ge­wicht (bis 91 kg) auf den jor­da­ni­schen Rechts­aus­le­ger Hus­sein Ias­haish. Der Ham­bur­ger such­te die Nah­di­stanz, wur­de in der Gestal­tung sei­nes Kamp­fes aber immer wie­der durch Ermah­nun­gen wegen Hal­tens, zu tief gehal­te­nen Kop­fes und Innen­hän­den unter­bro­chen. Aus der Sicht des Ring­rich­ters häuf­te sich dies in einem Maße, dass er in der ers­ten Run­de eine Ver­war­nung wegen Innen­hand­schla­gens und in der drit­ten Run­de eine Ver­war­nung wegen Hal­tens aus­sprach. Dazu kam ein Anzäh­len in der drit­ten Run­de. Ein Sieg wäre jetzt nur noch durch ein KO mög­lich gewe­sen, der jedoch nicht in Reich­wei­te lag. Der Blick in die ein­zel­nen Punkt­rich­ter­wer­tun­gen zeigt, dass die Ver­war­nun­gen jedoch nicht wirk­lich pri­mär kampf­ent­schei­dend war­wen: Auch ohne die mit Punkt­ab­zug ver­bun­de­nen bei­den Ver­war­nun­gen hat­te der Ath­let des DBV bei vier der fünf Punkt­rich­tern hin­ten gele­gen. Die offe­ne Deckung des Ham­bur­gers hat­te dem Geg­ner aus Jor­da­ni­en zu vie­le Tref­fer ermöglicht.

Ammar Abdul­jab­bar (blau) unter­liegt im Schwer­ge­wicht (bis 91 kg) Hus­sein Ias­haish (rot) aus Jor­da­ni­en nach Punk­ten und muss das Tur­nier verlassen.

17.09.2019:
Nick Bier unter­liegt nach Punk­ten dem Kasa­chen Ablaik­han Zhussupov

In der Abend­ver­an­stal­tung die­ses Wett­kampf­ta­ges wur­de der Nie­der­sach­se Nick Bier (Wel­ter­ge­wicht bis 69 kg) als ers­ter der drei letz­ten noch im Tur­nier befind­li­chen deut­schen Boxer in den Ring geru­fen. Er stand dem Kasa­chen und Rechts­aus­le­ger Ablaik­han Zhus­su­pov gegen­über, der mit guter Bein­ar­beit und hoher Agi­li­tät zuneh­mend den Raum bestimm­te. Am Ende der ers­ten Run­de muss­te der Ring­arzt einen Cut an der Stirn des Deut­schen inspi­zie­ren, ließ den Kampf aber schließ­lich wei­ter­lau­fen. Im wei­te­ren Ver­lauf des Kamp­fes ent­wi­ckel­te der Kasa­che eine immer ziel­ge­naue­re, intel­li­gen­te Führ­hand, die sei­ne Schlag­hand­ge­ra­den gut vor­be­rei­ten und wirk­sam in Sze­ne set­zen konn­ten. Auch im Hin­blick auf die rei­ne Schlag­ak­ti­vi­tät bau­te der Kasa­che sei­nen Vor­sprung aus. Nach­dem der Schluss­gong den Kampf been­det hat­te, konn­te es kei­ne wirk­li­chen Zwei­fel geben, dass Ablaik­han Zhus­su­pov mit sei­ner Leis­tung die Punkt­rich­ter über­zeugt haben wür­de. Ent­spre­chend klar gaben alle Ring­rich­ter alle Run­den an den Kämp­fer aus Kasach­stan, der mit einem 5:0‑Punktrichterurteil in das Vier­tel­fi­na­le einzog.

Nick Bier (rot) unter­liegt im Wel­ter­ge­wicht (bis 69 kg) dem Kasa­chen Ablaik­han Zhus­su­pov (blau) nach Punk­ten und schei­det aus dem Tur­nier aus.

17.09.2019:
Ibrag­im Bazuev unter­liegt nach Punk­ten Mal­kan Bay­ram aus der Türkei

Nur vier Kämp­fe spä­ter stand Ibrag­im Bazuev in der blau­en Ecke des­sel­ben Rings, den sein Team­kol­le­ge zuvor als Ver­lie­rer ver­las­sen hat­te. Im Halb­schwer­ge­wicht (bis 81 kg) muss­te Bazuev sich mit  Mal­kan Bay­ram aus der Tür­kei ver­glei­chen. Bei­de Links­aus­le­ger führ­ten den Kampf über­wie­gend in der Lan­gen Distanz und waren sich im Stil auch ansons­ten nicht ganz unähn­lich. Aller­dings zeig­te der Rhein­län­der Bazuev einen frei­zü­gi­ge­ren Umgang mit sei­ner Deckung. Dies moch­te der Grund sein, war­um sein Geg­ner häu­fi­ger auch mal den Abschluss zum Kopf such­te – und auch fand. Damit ver­schaff­te er sich all­mäh­lich im Lau­fe des Kamp­fes leich­te Vor­tei­le. Es blieb den­noch ein knap­per Kampf, der bis zum Ende offen war. Am Ende stand eine Split-Decis­i­on: 3 Punkt­rich­ter hat­ten Mal­kan Bay­ram vor­ne, zwei hin­ge­gen Ibrag­im Bazuev. Das allein spricht schon für eine knap­pe Ent­schei­dung, aber der genau Blick auf die Punk­te ergab: Egal wel­cher Punkt­rich­ter sich für wel­chen Kämp­fer ent­schie­den hat­te – kei­ner der fünf Punkt­rich­ter gab alle Run­den an ein und den­sel­ben Boxer. Knap­per, darf man sagen, geht es kaum. Am Ende zählt aber nur, wel­cher Arm nach oben geht. Da hat­te der Nord­rhein-West­fa­le unter dem Strich das Nach­se­hen und muss­te damit als nächs­ter Boxer des DBV das Tur­nier verlassen.

Ibrag­im Bazuev (blau) unter­liegt im Halb­schwer­ge­wicht (bis 81 kg) nach Punk­ten Mal­kan Bay­ram (rot) aus der Tür­kei und ver­ab­schie­det sich eben­falls aus dem Wettbewerb.

17.09.2019:
Nel­vie Tia­fack siegt nach Punk­ten über Chou­aib Bou­lou­di­na­tis aus Algerien

Dass der Ring A für die Boxer des DBV nicht mit einem Fluch belegt war, soll­te zwei Gefech­te dar­auf Nel­vie Tia­fack im Super­schwer­ge­wicht (über 91 kg) bewei­sen. Der Ver­lauf des Tur­niers führ­te ihn mit dem alge­ri­schen Nor­mal­aus­le­ger Chou­aib Bou­lou­di­na­tis zusam­men. Aber­mals zeig­te Nel­vie Tia­fack eine über­zeu­gen­de kämp­fe­ri­sche und tech­ni­sche Leis­tung. Er schlug mehr und in kom­ple­xe­ren Aktio­nen als sein Kon­tra­hent, wahr­te dabei aber stets eine Mas­si­vi­tät, die sei­ne Angrif­fe auch druck­voll mach­ten. Im zwei­ten Durch­gang geriet der Alge­ri­er noch deut­li­cher unter Bedräng­nis. Ein Anzäh­len lag nach eini­gen här­te­ren Tref­fern in der Luft und soll­te dann tat­säch­lich wenig spä­ter auch fol­gen. Ein klei­ner Cut an der Augen­braue des Alge­ri­ers konn­te wäh­rend der zwei­ten Run­den­pau­se in der Rin­ge­cke unter Kon­trol­le gebracht wer­den, darf aber auch als Indiz für die Über­le­gen­heit des rhein­län­di­schen Boxers gewer­tet wer­den. Im letz­ten Durch­gang rann­te Chou­aib Bou­lou­di­na­tis förm­lich gegen Nel­vie Tia­fack an, ver­moch­te aber nicht, den Kampf zu sei­nen Guns­ten zu dre­hen. Nach dem Ende des drit­ten Durch­gangs stand das Ergeb­nis auch ohne Blick auf die Punkt­wer­tung fest: Die Punkt­rich­ter wer­te­ten ein­stim­mig für den Ath­le­ten des DBV-Teams, der damit als ein­zi­ger der Mann­schaft bis ins Vier­tel­fi­na­le vor­drin­gen konn­te und auf den nun die gan­zen Medail­len­hoff­nun­gen des deut­schen Box­sports ruh­ten. Eine gro­ße Leis­tung für den erst zwan­zig­jäh­ri­gen Sport­ler, die zugleich auch eine gewis­se Erwar­tungs­last bedeu­ten mochte.

Nel­vie Tia­fack (blau) gewinnt im Super­schwer­ge­wicht (über 91 kg) gegen Chou­aib Bou­lou­di­na­tis aus Alge­ri­en (rot) und hat damit das Vier­tel­fi­na­le des Tur­niers erreicht.

18.09.2019:
Nel­vie Tia­fack ver­liert nach Punk­ten gegen Kams­hy­bek Kunk­a­nayev aus Kasachstan

Der zehn­te Wett­kampf­tag des WM-Tur­niers soll­te dem Team des DBV ein über­schau­ba­res Arbeits­pen­sum abver­lan­gen: Nach den Nie­der­la­gen des Vor­ta­ges stand nur noch der Nord­rhein-West­fa­le und Super­schwer­ge­wicht­ler (über 91 kg) Nel­vie Tia­fack im Ren­nen um die Medail­len­plät­ze. Im 324. Gefecht des Wett­be­werbs wur­de gegen den Kasa­chen Kams­hy­bek Kunk­a­nayev in den Ring geru­fen. Auch gegen den Rechts­aus­le­ger zeig­te Nel­vie Tia­fack eine gute Leis­tung, die am Ende aber nicht zum Sieg rei­chen soll­te. Der kon­di­tio­nell gute und phy­sisch star­ke Kasa­che wuss­te mit gutem Distanz­ge­fühl, guter Beweg­lich­keit und einer effek­tiv ein­ge­setz­ten Schlag­hand zu über­zeu­gen. Obschon Tia­fack immer gut in jede Run­de star­te­te, erober­te sich sein Geg­ner mit Geschick und Beharr­lich­keit und in klei­nen Schrit­ten die Domi­nanz im Ring zurück. Dazu trug auch sei­ne Fähig­keit bei, sei­ne Angrif­fe meist gut abzu­schlie­ßen und schnell und sicher wie­der in die Lan­ge Distanz zu kom­men. In der letz­ten Run­de ließ Tia­fack pha­sen­wei­se in der Bein­ar­beit etwas nach, so dass er sei­nen eige­nen guten Aktio­nen etwas den Druck nahm, weil er nicht mehr immer kon­se­quent nach­setz­te. Nach drei Run­den und neun Minu­ten Kampf hat­ten sich die Punkt­rich­ter über­zeu­gen las­sen und gaben mit einem ein­stim­mi­gen 5:0‑Urteil den Sieg an den kasa­chi­schen Boxer, der sich mit sei­ner Leis­tung den Ein­zug ins Halb­fi­na­le erkämpf­te. Es bleibt trotz die­ser Nie­der­la­ge des Rhein­län­ders ein guter Ein­druck von sei­ner kämp­fe­ri­schen Leis­tung und boxe­ri­schen Aus­bil­dung zurück.

Nel­vie Tia­fack (blau) muss sich nach guter Leis­tung in dem WM-Tur­nier im Vier­tel­fi­na­le dem Kasa­chen Kams­hy­bek Kunk­a­nayev (rot) geschla­gen geben.

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