World Boxing kann auf seinem Weg zur Anerkennung durch das Internationale Olympische Komitee (IOC) einen großen Erfolg vermelden: Kasachstan hat beschlossen, sich dem neuen Weltverband World Boxing anzuschließen. Die zentralasiatische Republik (früher Teil der Sowjetunion) gilt allgemein als Schwergewicht im olympischen Boxen.
Erfolge im olympischen Boxen
Kasachstan belegt im Ranking der boxerischen Olympia-Erfolge mit sieben Goldmedaillen den zehnten Platz (vor Paris 9. Platz) – wobei man wissen muss, dass die ehemalige Sowjetrepublik erst seit 1996 eigenständig an den Olympischen Spielen teilnimmt, diesen Platz also in nur acht olympischen Turnieren erboxt hat. Im Ranking der häufiger ausgetragenen Weltmeisterschaften liegt Kasachstan nach Kuba und Russland mit 18 Goldmedaillen inzwischen sogar auf Platz drei.
Gennadi Golovkin engagiert sich bei World Boxing
World Boxing kann nicht aber nicht nur den Beitritt Kasachstans vermelden. Der Ausnahmeboxer Gennadi Golowkin (340 Siege in 345 olympischen Boxen, Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen) wird im neuen Weltverband künftig die »Olympische Kommission« leiten.
Der Präsident von World Boxing Boris van der Vorst äußerte sich zu dem Beitritt des kasachischen Boxverbandes mit folgenden Worten:
»Kasachstan ist eine der erfolgreichsten Nationen im olympischen Boxen, und ich habe keinen Zweifel daran, dass die Mitgliedschaft des kasachischen Verbandes World Boxing einen großen Auftrieb geben und unsere Präsenz in Asien erheblich verstärken wird, da wir unsere globale Präsenz diversifizieren und ausbauen wollen.«
Beitritt kommt nicht ganz unerwartet
Für Beobachter der der Entwicklungen kommt der Beitritt Kasachstans freilich nicht ganz unerwartet. Auf der internationalen Bühne des olympischen Boxens fielen Repräsentanten des Verbandes immer wieder durch eigenständige, differenzierte und moderate Positionen auf.
Dazu passte, dass Gennadi Golowkin in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des kasachischen Olympischen Komitees den kasachischen Boxverband öffentlich zu einem Beitritt zu World Boxing ermutigt hatte, zugleich aber auch die Unabhängigkeit des nationalen Boxverbandes in seinen Entscheidungen betonte.
Asien steht vor Herausforderungen
Die Entscheidung Kasachstans wirft ein Schlaglicht auf die aktuelle Situation im asiatischen Kontinentalverband ASBC.
Auf einem vor kurzem durchgeführten außerordentlichen ASBC-Kongress fand der Wechsel zu World Boxing zwar keine Mehrheit, aber es wurde trotzdem deutlich, dass der neue Weltverband für nicht wenige asiatische Nationalverbände eine hohe Attraktivität hat – denn wenn der Boxsport eine olympische Zukunft haben soll, dann ist inzwischen klar, dass diese in jedem Fall mit einem neuen Weltverband verknüpft ist.
Die ASBC hat erst vor wenigen Tagen (also noch vor dem Beitritt Kasachstans zu World Boxing) zu einem weiteren außerordentlichen Kongress am 23. November in Bangkok (Thailand) eingeladen. Auf ihm soll zur Debatte und Abstimmung stehen, ob der Kontinentalverband die Unabhängigkeit anstreben soll.
Was genau damit gemeint ist, bleibt allerdings unklar. Man kann nur vermuten, dass damit eine Trennung von der IBA gemeint sein soll, ohne diesen Schritt mit einem Beitritt zu World Boxing zu verbinden.
Es steht jedoch in den Sternen, was damit letztlich bewirkt werden soll. Das IOC verlangt als Gesprächspartner schließlich ausdrücklich einen neuen Weltverband, der den Boxsport global vertritt (oder zumindest dieses Ziel mit Aussicht auf Erfolg anstrebt).
Ein Kontinentalverband kann diese Erwartung nicht erfüllen – es sei denn, er wollte sich von einem Kontinentalverband zu einem Weltverband wandeln. Damit träte er aber in eine Konkurrenz zu World Boxing und würde letztlich das Lager jener Nationalverbände spalten, denen die olympische Perspektive ihres Sports am Herzen liegt.
Denkbar erscheint aber auch, dass eine Entscheidung zur Lösung von der IBA, ohne dabei sogleich World Boxing beizutreten, als eine Art von Zwischenschritt gedacht ist, der skeptischen asiatischen Nationalverbänden besser erklärt werden kann als ein sofortiger Beitritt zum neuen Weltverband. Ein Beitritt zu World Boxing würde dann folgen können, wenn das IOC den neuen Weltverband anerkannt habe.
Mit Indien und Kasachstan sind nun zwei »Big Player« des asiatischen Boxens nach individuell getroffenen Entscheidungen dem neuen Weltverband angeschlossen. Auch Japan hat sich unlängst zu diesem Schritt entschieden. Das könnte weitere Nationalverbände des Kontinents ermutigen, nunmehr Farbe zu bekennen – und vielleicht sofort ohne jeden Zwischenschritt World Boxing beizutreten.
Großer Schritt in die olympische Zukunft
Kasachstans Beitritt zu World Boxing darf wohl als ein weiterer wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Anerkennung von World Boxing durch das IOC gesehen werden.
Nicht nur, dass sich damit die Zahl der Mitgliedsverbände bei World Boxing auf 46 erhöhen wird (wenn man Japan, die Schweiz und Algerien ebenfalls schon hinzurechnet, die ihre Anträge auf Mitgliedschaft schon eingereicht haben).
Es fällt hier nach der quantitativen und sportlichen Bedeutung auch die politische Tragweite dieses Schrittes ins Gewicht – denn schließlich handelt es sich bei der zentralasiatischen Republik um eine frühere sowjetische Teilrepublik, die in dieser Sache nun eine mutige und unabhängige, dem Sport geschuldete Entscheidung getroffen hat.
Die Mitgliedsverbände von World Boxing
(46 Mitgliedsverbände bzw. Mitgliedskandidaten Stand 26.09.2024)
Europa (14):
- GB Boxing
- England
- Deutschland
- Schweden
- Niederlande
- Dänemark
- Finnland
- Tschechien
- Island
- Norwegen
- Wales
- Schottland
- Italien
- Schweiz (Antrag)
Amerika (15):
- USA
- Brasilien
- Kanada
- Argentinien
- Honduras
- Panama
- Jamaika
- am. Jungferninseln
- Surinam
- Barbados
- Dominica
- Peru
- Cayman Islands
- Bahamas
- Ecuador
Ozeanien (5):
- Australien
- Neuseeland
- Franz.-Polynesien
- Tuvalu
- Fiji
Asien (10):
- Mongolei
- Philippinen
- Indien
- Singapur
- Südkorea
- Taiwan
- Pakistan
- Bhutan
- Japan (Antrag)
- Kasachstan (Antrag)
Afrika (2):
- Nigeria
- Algerien (Antrag)