Erfolg für World Boxing: Indi­en schließt sich neu­em Ver­band an

Beitritt mit enormer sportpolitischer Wirkung

Der neue Welt­ver­band World Boxing kann noch vor dem Beginn der Olym­pi­schen Spie­le einen gro­ßen Erfolg ver­mel­den: Die Boxing Fede­ra­ti­on of India hat sich ent­schie­den, dem neu­en Ver­band beizutreten.

Mit dem Bei­tritt Indi­ens – so er dann wirk­sam gewor­den ist – gehö­ren nun 29 natio­na­le Box­ver­bän­de jener Orga­ni­sa­ti­on an, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Zukunft des Boxens als olym­pi­sche Sport­art zu sichern. 

IOC ver­lang­te mehr Mit­glie­der als Vor­aus­set­zung einer mög­li­chen Anerkennung

World Boxing war Anfang Mai zu ers­ten offi­zi­el­len Gesprä­chen vom Inter­na­tio­na­len Olym­pi­sche Komi­tee (IOC) emp­fan­gen wor­den. Bei die­ser Gele­gen­heit stell­te das IOC noch ein­mal klar, dass der neue Ver­band als eine wesent­li­che Vor­aus­set­zung einer mög­li­chen Aner­ken­nung mehr natio­na­le Box­ver­bän­de unter sich ver­ei­nen müsse. 

Dabei leg­te das IOC auch eine Dead­line fest: Anfang 2025 müs­se erkenn­bar wer­den, ob World Boxing die­ses Ziel errei­che oder nicht, wenn die Chan­ce gewahrt wer­den soll, Boxen bei den Olym­pi­schen Spie­len 2028 in Los Ange­les im Pro­gramm zu behalten. 

Vor zwei Tagen stell­te das IOC dar­über hin­aus klar, dass an den Spie­len 2028 in Los Ange­les in jedem Fall kei­ne Boxe­rin­nen und kein Boxer teil­neh­men wer­den, die einem Ver­band ange­hö­ren, der noch Mit­glied in der IBA ist.

Wich­ti­ger Schritt auf dem Weg zur glo­ba­len Ver­tre­tung des Sports

Der Vor­ga­be, den Box­sport brei­ter und auch glo­ba­ler zu reprä­sen­tie­ren, ist World Boxing mit dem Bei­tritt Indi­ens einen sehr bedeu­ten­den Schritt näher gekom­men. Indi­en ist mit über 1,4 Mil­li­ar­den Ein­woh­ne­rin­nen und Ein­woh­nern noch vor Chi­na inzwi­schen der bevöl­ke­rungs­reichs­te Staat der Welt. 

Aber es ist nicht nur die schie­re Mas­se, die hier zählt. Auf der Welt­kar­te des Box­sports konn­te Indi­en in den letz­ten Jah­ren star­ke Zei­chen set­zen. Die indi­schen Natio­nal­teams konn­ten auf inter­na­tio­na­ler Ebe­ne mit star­ken Leis­tun­gen über­zeu­gen. Mehr­fach rich­te­te Indi­en in den letz­ten Jah­ren gro­ße Tur­nie­re aus – zuletzt 2023 die Welt­meis­ter­schaft der Frau­en in Neu-Delhi.

Bei­tritt mit sport­po­li­ti­scher Signalwirkung

Indi­en ist nach der Mon­go­lei und nach den Phil­ip­pi­nen der drit­te asia­ti­sche Natio­nal­ver­band, der World Boxing beitritt. 

Sein Bei­tritt hilf ent­schei­dend, die bis­lang bestehen­de Dis­ba­lan­ce zu kor­ri­gie­ren – denn World Boxing hat­te mit dem Vor­wurf zu kämp­fen, einst­wei­len vor allem euro­päi­sche und ame­ri­ka­ni­sche Natio­nal­ver­bän­de unter sei­nem Dach zu vereinen. 

Mit dem asia­ti­schen Super­schwer­ge­wicht Indi­en ver­schiebt sich der Schwer­punkt nun bedeut­sam in jene Rich­tung, die das IOC erwar­tet und dem­entspre­chend gut­hei­ßen dürfte.

Aber nicht nur das: Zuerst schon mit Bra­si­li­en, dann mit Nige­ria und nun mit Indi­en gelingt World Boxing der Auf­bau von wich­ti­gen »Brü­cken­köp­fen« in jene wei­te Tei­le der Box­welt, die einer rus­sisch domi­nier­ten IBA aus his­to­ri­schen und poli­ti­schen Grün­den lan­ge Zeit noch Kre­dit gege­ben hatten. 

Die Bei­trit­te sind geeig­net, jenes von der IBA und sei­nem Prä­si­den­ten Umar Kreml­ev gepfleg­te und stra­te­gisch ein­ge­setz­te Nar­ra­tiv zu dekon­stru­ie­ren, dass das IOC und World Boxing sozu­sa­gen kolo­nia­le und poli­ti­sche Werk­zeu­ge des glo­ba­len Nor­dens sei­en, die IBA hin­ge­gen die Inter­es­sen des glo­ba­len Südens vertrete.

Kommt der Erd­rutsch nach den Spie­len in Paris?

In die­sem Sin­ne wären nun noch Bei­trit­te von Natio­nal­ver­bän­den von Staa­ten wie bei­spiels­wei­se Kasach­stan, Kuba und Süd­afri­ka von enor­mer Bedeu­tung. Sie wür­den voll­ends einen Erd­rutsch aus­lö­sen kön­nen. Vor allem Afri­ka ist bis­lang noch unterrepräsentiert.

Es bleibt also span­nend, was nach dem Ende der Olym­pi­schen Spie­le in Paris gesche­hen wird. Für vie­le Natio­nal­ver­bän­de steht – ver­ständ­li­cher­wei­se – nun erst ein­mal das unmit­tel­bar bevor­ste­hen­de olym­pi­sche Box­tur­nier im Mit­tel­punkt. Da mag man im Vor­feld viel­leicht bes­ser kei­ne hei­ßen Eisen anfas­sen und Unru­he auslösen. 

Über­dies mag da oder dort auch die Sor­ge bestehen, ob der lan­ge Arm der IBA am Ende nicht doch noch in die eine oder ande­re Wett­kampf­ent­schei­dung des olym­pi­schen Tur­niers hin­ein­rei­chen könn­te und abtrün­ni­ge Ver­bän­de im Ring abge­straft wer­den könnten. 

Gedan­ken, die man ange­sichts nach­weis­lich mani­pu­lier­ter Wett­kampf­ent­schei­dun­gen 2016 in Rio de Janei­ro irgend­wo auch ver­ste­hen kann, obschon das IOC nun schon Tokio sowie vie­le Qua­li­fi­ka­ti­ons­tur­nie­re ohne Skan­da­le über die Büh­ne gebracht hat – auch wenn die IBA kei­ne Gele­gen­heit aus­lässt, die dies­be­züg­li­che Kom­pe­tenz des IOC infra­ge zu stellen.


Die Mit­glieds­ver­bän­de von World Boxing

(Stand Ende Mai 2024)

Euro­pa (12):
  • GB Boxing
  • Eng­land
  • Deutsch­land
  • Schwe­den
  • Nie­der­lan­de
  • Däne­mark
  • Finn­land
  • Tsche­chi­en
  • Island
  • Nor­we­gen
  • Wales
  • Schott­land
Ame­ri­ka (9):
  • USA
  • Bra­si­li­en
  • Kana­da
  • Argen­ti­ni­en
  • Hon­du­ras
  • Pana­ma
  • Jamai­ka
  • am. Jung­fern­in­seln
  • Suri­nam
Ozea­ni­en (4):
  • Aus­tra­li­en
  • Neu­see­land
  • Franz.-Polynesien
  • Tuva­lu
Asi­en (3):
  • Mon­go­lei
  • Phil­ip­pi­nen
  • Indi­en
Afri­ka (1):
  • Nige­ria

Die Spon­so­ren der Box­ab­tei­lung des FC St. Pauli: