IOC: IBA ist end­gül­tig raus, aber World Boxing braucht mehr Mitglieder

IOC-Präsident Thomas Bach im Vorfeld der IOC-Vollversammlung

Im Vor­feld der 140. IOC-Ses­si­on (Voll­ver­samm­lung), die vom 15. bis zum 17. Okto­ber im indi­schen Mum­bai statt­fin­den wird, äußer­te sich IOC-Prä­si­dent Tho­mas Bach ein­mal mehr zu der aktu­el­len Lage im Box­sport. Im Gespräch mit indi­schen Jour­na­lis­ten stell­te er klar, dass es mit der IBA (frü­her AIBA) kei­ne olym­pi­sche Per­spek­ti­ve mehr gebe: 

»Mit der IBA gibt es kei­nen lau­fen­den Pro­zess, für uns ist der Fall abge­schlos­sen. Es wird kein Boxen mit der IBA im olym­pi­schen Pro­gramm geben. Es ist vor­bei! Punkt! Wir haben ihnen vier Jah­re gege­ben, sie haben die von uns gestell­ten Bedin­gun­gen nicht erfüllt. Die Art und Wei­se, wie sie sich jetzt aus­drü­cken und ver­hal­ten, lässt kei­ne Hoff­nung auf Besserung.«

Für die IBA ist der olym­pi­sche Zug end­gül­tig abgefahren

Gleich­zei­tig unter­strich er aber den Wil­len, den Box­sport als Teil der Olym­pi­schen Spie­le zu erhalten:

»Wir haben kei­ne Pro­ble­me mit dem Sport oder den Boxern. Im Gegen­teil, wir möch­ten Boxen und Boxer haben. Es ist eine sehr glo­ba­le Sport­art. Man fin­det sie in allen Län­dern, ob in Ent­wick­lungs- oder Indus­trie­län­dern, auf jedem Kon­ti­nent. Die Mehr­heit der Boxer stammt aus benach­tei­lig­ten Fami­li­en. Das Boxen bie­tet ihnen eine groß­ar­ti­ge Chan­ce, im Leben vor­an­zu­kom­men. Des­halb möch­ten wir das Boxen im Pro­gramm haben. Aber man kann die­se sozia­len Wer­te nur för­dern, wenn es einen inter­na­tio­na­len Ver­band mit Inte­gri­tät gibt.«

Bach betont den Wil­len, Boxen im olym­pi­schen Pro­gramm zu behalten

Bach ver­tei­dig­te erneut den Ent­schluss, die IBA zu sus­pen­die­ren, erklär­te aber auch, dass es nicht ewig so wei­ter­ge­hen kön­ne, dass das IOC die Box­tur­nie­re organisiere:

»Ab einem gewis­sen Punkt müs­sen wir den Ste­cker zie­hen. Und jetzt wird es in Bezug auf finan­zi­el­le Trans­pa­renz und Gover­nan­ce sogar schlim­mer. Die Kampf­rich­ter­ent­schei­dun­gen ent­spre­chen nicht dem Stan­dard, den man von einer olym­pi­schen Sport­art erwar­tet. Da wir das Boxen im Pro­gramm haben woll­ten, haben wir uns nach Tokio 2020 zum zwei­ten Mal dazu ver­pflich­tet, den Box­wett­be­werb in Paris aus­zu­rich­ten. Das kön­nen wir nicht end­los tun. Des­halb den­ke ich, dass das Ergeb­nis die­ser Tref­fen hier sein wird, dass das Schick­sal des Boxens in der Schwe­be bleibt. Wir möch­ten es haben. Aber man muss einen Weg fin­den, wie und mit wel­chem Verband.«

World Boxing benö­tigt wei­te­re Mitglieder

Auf eine mög­li­che Aner­ken­nung des neu gegrün­de­ten Welt­ver­ban­des »World Boxing« ange­spro­chen, erklär­te Bach:

»Es ist noch zu früh. Ich weiß nicht, ob sie über­haupt 20 Mit­glieds­ver­bän­de haben. Im Moment haben sie kei­ne aus­rei­chen­de welt­wei­te Ver­tre­tung. Sobald sie Fort­schrit­te machen, sind wir bereit, uns mit ande­ren Fra­gen wie der Ord­nungs­mä­ßig­keit der Ver­bands­füh­rung und demo­kra­ti­schen Wah­len zu befas­sen. Im Moment liegt es an ihnen, sich zu organisieren.«

In weni­gen Tagen (am 13. Okto­ber) ver­sam­meln sich die natio­na­len Box­ver­bän­de des asia­ti­schen Kon­ti­nen­tal­ver­ban­des ASBC in Bang­kok (Thai­land). Ein wich­ti­ger Tages­ord­nungs­punkt wird ohne Zwei­fel die olym­pi­sche Per­spek­ti­ve des Box­sports sein. 

Die ASBC hat­te unmit­tel­bar nach der Sus­pen­die­rung der IBA die Bedeu­tung des olym­pi­schen Sta­tus des Box­sports betont und erklärt, man wer­de sich dem Welt­ver­band anschlie­ßen, der vom IOC aner­kannt sei. Aller­dings: Bis­lang genießt kein Welt­ver­band die Anerkennung. 

Die Wor­te Bachs stel­len nun klar: Eine mög­li­che Aner­ken­nung von »World Boxing« hängt wesent­lich davon ab, dass sich dem neu­en Ver­band wei­te­re Mit­glie­der anschlie­ßen. Stand jetzt (Anfang Okto­ber 2023) sind 16 Ver­bän­de dem neu­en Welt­ver­band beigetreten.

Euro­pa:
  • GB Boxing
  • Eng­land
  • Deutsch­land
  • Schwe­den
  • Nie­der­lan­de
  • Däne­mark
Ame­ri­ka:
  • USA
  • Bra­si­li­en
  • Kana­da
  • Argen­ti­ni­en
  • Hon­du­ras
  • Pana­ma
Ozea­ni­en:
  • Aus­tra­li­en
  • Neu­see­land
  • Franz.-Polynesien
Asi­en:
  • Mon­go­lei

Bachs Wor­te dürf­ten in Asi­en zur Kennt­nis genom­men werden

Viel­leicht kön­nen die Klar­stel­lun­gen des IOC-Prä­si­den­ten über die Mon­go­lei hin­aus wei­te­re asia­ti­sche Natio­nal­ver­bän­de ermu­ti­gen, nicht nur abzu­war­ten, dass »World Boxing« aner­kannt wird, son­dern viel­mehr durch Bei­trit­te auch dazu bei­zu­tra­gen. Inso­fern könn­te der Zeit­punkt von Bachs Äuße­run­gen gut gewählt und viel­leicht auch in gewis­sem Sinn als Unter­stüt­zung gedacht sein – zumal auch noch ein­mal deut­lich wur­de, dass es mit der IBA kei­ne olym­pi­sche Zukunft des Boxens mehr geben wird.

IBA begeg­net unge­wohn­ten Unmut in Afrika

Bemer­kens­wert ist in die­sem Zusam­men­hang auch, dass die IBA aktu­ell einen Kon­flikt mit vie­len afri­ka­ni­schen Ver­bän­den hat. 30 von 50 afri­ka­ni­schen Natio­nal­ver­bän­den äußer­ten eine schar­fe Kri­tik an der Arbeit der »Boxing Inde­pen­dent Inte­gri­ty Unit« (BIIU) der IBA, jenem Organ des Ver­ban­des, der Kan­di­da­ten auf ihre Inte­gri­tät und Wähl­bar­keit prüft. 

Im Vor­feld des afri­ka­ni­schen Kon­ti­nen­tal­kon­gres­ses griff die BIIU mas­siv in die Auf­stel­lung der Kan­di­da­ten ein. Ein Vor­gang, der unter den afri­ka­ni­schen Ver­bän­den für Empö­rung sorg­te. Die IBA droh­te dar­auf­hin mit Dis­zi­pli­nar­maß­nah­men. Im Ergeb­nis wur­de nun der gan­ze Kon­ti­nen­tal­kon­gress verschoben. 

Die Vor­gän­ge sind inso­fern bemer­kens­wert, als dass die IBA und ihr Prä­si­dent Umar Kreml­ev bis­lang in Afri­ka einen gro­ßen Rück­halt hatten.

World-Boxing-Kon­gress Ende Novem­ber in Frankfurt

»World Boxing« wird vom 24. bis zum 25. Novem­ber in Frank­furt am Main zu sei­nem ers­ten regu­lä­ren Kon­gress zusam­men­tre­ten. Die bis jetzt inte­ri­mis­tisch besetz­ten Ämter wer­den dann durch Wah­len neu und ord­nungs­ge­mäß besetzt. Ein wich­ti­ger Schritt in der noch jun­gen Geschich­te des neu­en Verbandes.

Die Spon­so­ren der Box­ab­tei­lung des FC St. Pauli: