Neu­er Report: Das IOC übt Kri­tik an der Finan­zie­rung der IBA (AIBA)

Abhängigkeit vom russischen Staatskonzern wird moniert

Der Welt­ver­band des olym­pi­schen Boxens AIBA hat auf einem außer­or­dent­li­chen und vir­tu­ell abge­hal­te­nen Kon­gress (hier nach­zu­se­hen) am 12. Dezem­ber als Zei­chen der Reform sei­ne Abkür­zung zu IBA geän­dert und tritt seit­dem auch mit einem ande­ren Logo auf.

Neu­es Logo, aber alte Fragen

Doch trotz die­ser augen­fäl­li­gen Neue­rung sieht sich der Ver­band mit alten Pro­ble­men kon­fron­tiert. Denn nur weni­ge Tage zuvor (am 8. Dezem­ber) ver­öf­fent­lich­te das Inter­na­tio­na­le Olym­pi­sche Komi­tee (IOC) einen aktu­el­len Zwi­schen­be­richt zum Stand der Refor­men in der AIBA (Link öff­net PDF in neu­em Brow­ser­fens­ter). Im Fokus des Reports stan­den die drei The­men­be­rei­che Finan­zen, Kampf­rich­ter­we­sen und Governance. 

Unzu­läng­lich­kei­ten in die­sen drei Fel­dern begrün­de­ten die 2019 nach vie­len War­nun­gen aus­ge­spro­che­ne Sus­pen­die­rung des Welt­ver­ban­des. In der Fol­ge die­ser Sus­pen­die­rung war der AIBA (heu­te IBA) bei den Olym­pi­schen Som­mer­spie­len 2021 in Tokio die Zustän­dig­keit für das olym­pi­sche Box­tur­nier ent­zo­gen wor­den. Statt­des­sen führ­te das IOC den Wett­be­werb in eige­ner Ver­ant­wor­tung durch.

Kri­ti­scher Blick auf die Finanzen

In dem Zwi­schen­be­richt wird auch das Spon­so­ring der AIBA (heu­te IBA) durch den rus­si­schen Staats­kon­zern Gaz­prom kri­tisch beleuch­tet. Die Ein­nah­men aus die­ser Ver­ein­ba­rung hat­ten dem Ver­band zuletzt vol­le Kas­sen beschert. Sie ermög­lich­ten nicht nur die Beglei­chung alter Schul­den, son­dern (ein Novum im olym­pi­schen Boxen) auch die Aus­lo­bung groß­zü­gi­ger Preis­gel­der bei Welt- und Kontinentalmeisterschaften.

Der Report des IOC stellt klar, dass zwar die von der AIBA (heu­te IBA) beauf­trag­te Wirt­schafts­prü­fungs­ge­sell­schaft Ernst & Young (EY) den Gaz­prom-Ver­trag auf der Grund­la­ge einer Ver­trau­lich­keits­ver­ein­ba­rung ein­se­hen konn­te, die AIBA dies jedoch dem IOC ver­wehr­te – obwohl das IOC eben­falls eine sol­che Geheim­hal­tung ange­bo­ten hatte. 

IOC über wesent­li­che Punk­te im Unklaren

Vom Inhalt des Ver­tra­ges weiß das IOC dem­nach nur so viel, wie EY in sei­nem Bereicht zusam­men­fas­send ver­riet bzw. ver­ra­ten durf­te. Wesent­li­che Infor­ma­tio­nen blei­ben im Dunk­len: So weiß das IOC nicht ein­mal, mit wel­chen Sum­men der rus­si­sche Staats­kon­zern die AIBA (heu­te IBA) unter­stützt und wozu sich der Ver­band im Gegen­zug ver­pflich­tet hat.

Immer­hin konn­te das IOC aber etwas über Zah­lungs­zeit­punk­te erfah­ren: Dem­nach zahl­te Gaz­prom bereits die gesam­te ver­trag­lich ver­ein­bar­te Geld­leis­tung in der ers­ten Hälf­te des Jah­res 2021 (also kurz nach Ver­trags­ab­schluss) an die AIBA (heu­te IBA) aus, obschon der Kon­trakt noch bis Ende 2022 läuft. 

Der Ver­band von Gaz­prom abhängig?

Mit dem Geld, so die Wirt­schafts­prü­fer von EY, sei­en die Aus­ga­ben des Ver­ban­des bis zum 30. Juni 2022 gedeckt. Danach sei er jedoch von neu­en Lizenz‑, Spon­so­ring- und Ver­an­stal­tungs­ein­nah­men abhän­gig, die noch nicht ver­trag­lich fest­ge­legt seien. 

Die Hand­lungs­fä­hig­keit der AIBA (heu­te IBA), so der Report, hän­ge in einem hohen Maße von Gaz­prom ab und von der Fähig­keit, sich nach dem Aus­lau­fen des Ver­tra­ges neue Ein­nah­me­quel­len zu erschlie­ßen. Als wei­te­res finan­zi­el­les Risi­ko wird ein noch offe­ner Rechts­streit benannt, der den Ver­band bei ungüns­ti­gem Aus­gang belas­ten kann.

War­nun­gen im IOC-Report

Der Report des IOC warnt: 

  • Eine wirk­li­che finan­zi­el­le Trans­pa­renz sei noch nicht her­ge­stellt. Der tat­säch­li­che Cha­rak­ter des Ver­trags mit Gaz­prom kön­ne nicht beur­teilt wer­den, weil die wech­sel­sei­ti­gen Leis­tungs­ver­pflich­tun­gen nicht bekannt sei­en. Es wür­den Fra­gen auf­ge­wor­fen, wie er aus­ge­han­delt und vom Ver­band geneh­migt wurde. 
  • Bereits 2019 sei die Abhän­gig­keit der AIBA (heu­te IBA) von exter­nen Inves­to­ren als Ursa­che der Ver­schul­dung benannt wor­den. Der Ver­trag mit Gaz­prom erhö­he die Gefahr, in ein ähn­li­ches Sche­ma zu verfallen. 
  • Zu beach­ten sei außer­dem, dass die Abhän­gig­keit von einem staat­li­chen Unter­neh­men Beden­ken hin­sicht­lich der Neu­tra­li­tät und Auto­no­mie aufwerfe.

Die Emp­feh­lun­gen des IOC hin­sicht­lich der Finan­zie­rung des Ver­ban­des sind deut­lich: Man emp­feh­le der AIBA (heu­te IBA), die Trans­pa­renz zu ver­bes­sern und auf brei­ter auf­ge­stell­te Ein­nah­me­quel­len hinzuarbeiten.

Abb. oben: Seit­dem der rus­si­sche Staats­kon­zern Part­ner der AIBA (jetzt IBA) ist, hat sich der finan­zi­el­le Spiel­raum des Ver­ban­des sicht­bar ver­grö­ßert. Das IOC fürch­tet aber eine Abhän­gig­keit und ist um die Neu­tra­li­tät und Auto­no­mie des Ver­ban­des besorgt.

Die Spon­so­ren der Box­ab­tei­lung des FC St. Pauli: