Der 22. Mai könnte für die AIBA und die Zukunft des olympischen Boxens ein entscheidendes Datum werden: An diesem Tag will das Internationale Olympische Komitee (IOC) verkünden, ob der umstrittene Sportfachverband den Boxsport bei den Olympischen Spielen in Tokio 2020 vertreten und das olympische Boxturnier organisieren darf – oder eben nicht.
Die AIBA war in den letzten Jahren zunehmend in die Kritik geraten: Die Kampfrichterentscheidungen bei den zurück liegenden Olympischen Spielen in Rio de Janeiro 2016, die Überschuldung des Verbandes und vor allem der inzwischen zurückgetretene Präsident Gafur Rakhimov, dem Verbindungen zum organisierten Verbrechen nachgesagt werden, brachten den Verband ins Abseits.
AIBA-Verteter fühlten sich beim IOC wie auf der Anklagebank
Im Vorfeld dieses Termins im Mai waren Mitte April Vertreter der AIBA nach Lausanne gereist, um am Sitz des IOC Argumente und Erklärungen für den Verbleib der AIBA in der olympischen Familie zu liefern. Dem Vernehmen nach verlief das rund viertelstündige Gespräch in frostiger Atmosphäre: Man habe sich gefühlt, als sitze man auf der Anklagebank.
Anscheinend hat auch der zwischenzeitliche Wechsel in der Verbandsführung das IOC nicht besänftigen können: Dem umstrittenen Usbeken Gafur Rakhimov war erst vor kurzem der Marokkaner Mohamed Moustahsanea auf den Chefsessel der AIBA gefolgt. Diese Personalentscheidung war mit der – anscheinend vergeblichen – Hoffnung verbunden gewesen, die Beziehungen zum IOC verbessern zu können.
Alle Planungen liegen auf Eis, aber die Zeit drängt
Die Lage ist brisant: Das IOC hat dem Weltboxverband AIBA verboten, mit der Planung des Wettbewerbs in Tokio zu beginnen. Dabei drängt die Zeit. Andere Sportfachverbände haben mit den Planungen ihrer Turniere längst begonnen, während die AIBA derzeit noch nicht einmal mit den Veranstaltern in Tokio telefonieren darf.
EUBC will direkten Kontakt zum IOC
Unlängst hatte der europäische Kontinentalverband des olympischen Boxens (EUBC) signalisiert, in direkten Kontakt mit dem IOC treten zu wollen, um eine Lösung zu finden. Dies wäre allerdings ein ungewöhnlicher Schritt: Die EUBC ist schließlich eine Unterorganisation der AIBA. Entsprechend fiel die Reaktion des neuen AIBA-Präsidenten Moustahsanea aus: Es sei »völlig unangemessen, dass die EUBC oder eine Einzelperson sich direkt an das IOC wendet.«
IOC könnte das Boxturnier selbst ausrichten
Das IOC hatte vor einiger Zeit angedeutet, auch im Fall einer endgültigen Suspendierung der AIBA nach Wegen suchen zu wollen, Boxen im olympischen Programm zu belassen – nur dann eben ohne Mitwirkung der AIBA.
Offen bleibt, wie das IOC dies bewerkstelligen will: Schließlich müssen Qualifikationsmodalitäten festgelegt werden und weltweit entsprechende Qualifikationswettbewerbe durchgeführt werden. Hierfür müssen Regeln genutzt werden und Kampfrichter eingesetzt werden, die schwerlich von der AIBA stammen könnten, wenn das IOC glaubwürdig bleiben will.
Profiverband WBA signalisierte Interesse am olympischen Boxen
Als Alternative zur AIBA hatte sich vor einiger Zeit auch der Profiboxverband WBA als künftiger Vertreter des olympischen Boxens ins Gespräch gebracht und konnte Wladimir Klitschko als Fürsprecher dieser Idee gewinnen.
Aus Sicht des IOC könnte das tatsächlich eine Überlegung wert sein: Hier wären Knowhow und mit Klitschko ein seriös wirkendes und bekanntes Aushängeschild. Zudem hatte das IOC vor Rio 2016 selbst von der AIBA gefordert, für die Möglichkeit zu sorgen, dass auch Profis Zugang zu den Spielen bekommen.