Die zunehmende und weltweite Verbreitung der Corona-Virus-Erkrankung COVID-19 wirft einen immer größer werdenden Schatten auf die bevorstehenden Olympischen Sommerspiele in Tokio. Ob die Wettbewerbe, die in vielen Sportarten den absoluten Höhepunkt darstellen, stattfinden werden, wird entscheidend vom Verlauf der sich verbreitenden Corona-Epidemie abhängen.
Über 11.00 Sportler und unzählige Zuschauer werden in Tokio erwartet
Vom 24. Juli bis zum 9. August sollen in der japanischen Hauptstadt über 11.000 Sportlerinnen und Sportler in den 339 Wettbewerben der 33 Sportarten um Medaillenplätze kämpfen. Unter ihnen auch 186 Boxer und 100 Boxerinnen aus über 70 Nationen. Zigtausende Zuschauer aus aller Welt werden anlässlich des Sportereignisses erwartet.
Für Epidemiologen sind Großereignisse wie die Olympischen Spiele in Zeiten einer um sich greifenden Epidemie beunruhigend. Das Zusammenkommen so vieler Menschen begünstigt eine vollkommen unkontrollierbare Weiterverbreitung der grassierenden Infektion. In Deutschland etwa gilt schon eine kleine, regionale Karnevalsfeier mit 300 Gästen in Nordrhein-Westfalen als ein zentraler Faktor der hiesigen Verbreitung.
Die aktuelle Corona-Epidemie hat im Vorfeld der Olympischen Sommerspiele bereits zahlreiche Qualifikationswettbewerbe durcheinandergebracht. Auch der Boxsport war hiervon betroffen. So musste das ursprünglich vom 03.02.–14.02.2020 im zentralchinesischen Wuhan geplante Qualifikationsturnier der asiatischen Boxerinnen und Boxer verlegt werden.
Wuhan und die Provinz Hubei waren das Epizentrum der gegenwärtig grassierenden Epidemie. Die chinesische Regierung stellte in der betreffenden Region ganze Städte unter Quarantäne. Das öffentliche Leben kam nahezu zum Stillstand. An Sportveranstaltungen war unter diesen Umständen nicht zu denken.
Die Boxerinnen und Boxer der asiatischen Länder werden nun vom 03.03.–11.03. in der jordanischen Hauptstadt Amman um die Startplätze bei den Olympischen Spielen kämpfen.
Japan gehört aktuell zu den besonders betroffenen Ländern
Die Corona-Virus-Erkrankung COVID-19 macht freilich vor Grenzen nicht halt. Viele Staaten mussten inzwischen Infektionsfälle melden. Nach China (mind. 79.800 bestätigte Fälle) sind Stand heute (01.03.2020) in besonderem Maße Südkorea (mind. 3.700 bestätigte Fälle), Italien (mind. 1.100 bestätigte Fälle), Japan (mind. 900 bestätigte Fälle) und der Iran (mind. 500 bestätigte Fälle) betroffen.
In den oben erwähnten, augenblicklich besonders belasteten Staaten kommt es bereits jetzt zu Einschränkungen bei Sportveranstaltungen und im öffentlichen Leben:
- In Italien sollten die Fußballspiele des 26. Spieltages der ersten Liga (Serie A) zunächst »nur« ohne Zuschauer stattfinden. Nun legte man nach und sagte vier Partien komplett ab, u.a auch das Top-Spiel der beiden norditalienischen Clubs Juventus Turin gegen Inter Mailand.
- In Japan wurde in Sapporo wegen der Corona-Epedimie der Ausnahmezustand verhängt. Sapporo ist aus klimatischen Gründen als Austragungsort des olympischen Marathons und der Gehwettbewerbe vorgesehen.
- Tokio hielt zwar am Tokio-Marathon fest, der am 1. März ausgetragen wurde, strich aber das Jedermann-Teilnehmerfeld, so dass statt 40.000 nur 200 Läufer auf die Strecke gingen.
In ganz Japan werden zudem im März die Schulen geschlossen bleiben.
Auch in Europa Einschränkungen bei Veranstaltungen
Das öffentliche Leben ist inzwischen nicht nur durch in den oben erwähnten, hoch belasteten Ländern eingeschränkt. Auch in bislang weniger betroffenen Ländern gibt es bei Großveranstaltungen Auflagen oder Absagen:
- Frankreich verbot Großveranstaltungen mit mehr als 5.000 Zuschauern.
- Die Schweiz legte die Messlatte tiefer und untersagte Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Besuchern, weswegen dort die Fußballspiele der ersten beiden Ligen an diesem Wochenende komplett ausfallen.
- In Deutschland wurde z.B. die Internationale Tourismus-Börse in Berlin abgesagt. Auch kleinere Veranstaltungen wurden da und dort gestrichen.
IOC-Mitglied: Eher Absage als Verlegung oder Verschiebung
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) und die japanischen Ausrichter der Spiele halten derweil an den Olympischen Spielen in Tokio fest. Das dienstälteste IOC-Mitglied, der Kanadier Richard Pound, äußerte sich jedoch unlängst etwas differenzierter.
Man habe, so Pound, ein zwei- oder dreimonatiges Zeitfenster, um darüber zu entscheiden, ob die Spiele stattfinden können. Wenn das Virus dann immer noch grassiere, sei eine Absage der Spiele wahrscheinlich.
Eine Verlegung oder Verschiebung der Olympischen Spiele hielt der IOC-Funktionär angesichts ihrer Komplexität und der internationalen Terminkalender für kaum möglich.
Dennoch riet das IOC-Mitglied den Athleten, sich weiterhin auf diesen Wettbewerb vorzubereiten: »Alles deutet darauf hin, dass es wie gewohnt weitergehen wird. Konzentrieren Sie sich also auf Ihren Sport und seien Sie sicher, dass das IOC Sie nicht in eine Pandemie schickt«.
Er betonte allerdings auch, dass die Spiele in Tokio 2020 weitestgehend vom künftigen Verlauf der Epidemie abhängen werden und nur noch bedingt in den Händen des IOC lägen.