IOC: Ende März könn­te Ent­schei­dung zum olym­pi­schen Box­sport kommen

Exekutiv-Komitee des Internationalen Olympischen Komitees tagt

Vom 28. bis zum 30. März 2023 tagt das Exe­ku­tiv-Komi­tee des Inter­na­tio­na­len Olym­pi­schen Komi­tees (IOC) in Lau­sanne. Auf der Tages­ord­nung wird ganz sicher auch die olym­pi­sche Zukunft des Box­sports stehen.

Es steht zu erwar­ten, dass das Exe­ku­tiv-Komi­tee die Emp­feh­lung for­mu­lie­ren wird, den aktu­el­len Welt­ver­band des olym­pi­schen Boxens IBA (frü­her AIBA) nun end­gül­tig aus der Fami­lie der olym­pi­schen Sport­ver­bän­de auszuschließen. 

Final hät­te dann dar­über die 140. IOC-Voll­ver­samm­lung zu ent­schei­den, die im Okto­ber des Jah­res in Indi­en (Mum­bai) zusam­men­kom­men wird. Die Voll­ver­samm­lung dürf­te einer ent­spre­chen­den Emp­feh­lung des Exe­ku­tiv-Komi­tees jedoch mit an Sicher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit folgen.

Sus­pen­dier­ter Ver­band, aber Boxen blieb olympisch

Wegen sei­ner Finan­zen, sei­ner Män­gel bei den Grund­sät­zen einer guten Ver­bands­füh­rung (Good Gover­nan­ce) und nach­ge­wie­se­ner Mani­pu­la­tio­nen von Wett­kampf­ent­schei­dun­gen ist die IBA (damals noch AIBA) bereits seit 2019 vor­läu­fig suspendiert. 

Den­noch blieb der Box­sport olym­pisch: Das IOC nahm bei den zurück­lie­gen­den Som­mer­spie­len in Tokyo – ein Novum in der Geschich­te der Spie­le – die Qua­li­fi­ka­ti­ons­wett­be­wer­be und das olym­pi­sche Box­tur­nier in eige­ne Hän­de. Auch in Paris 2024 will das IOC die Ver­ant­wor­tung für den Box­sport behal­ten. Der unge­lieb­te Ver­band wäre damit ein zwei­tes Mal in Fol­ge außen vor. Aller­dings: Im vor­läu­fi­gen Pro­gramm der Olym­pi­schen Som­mer­spie­le 2028 in Los Ange­les ist der Box­sport augen­blick­lich nicht mehr vorgesehen.

Ver­hält­nis zwi­schen IOC und IBA ver­schlech­ter­te sich immer mehr

Wie­der­holt zeig­te sich das IOC von der Ent­wick­lung des Ver­ban­des seit 2019 nicht nur nicht über­zeugt, son­dern sogar noch stär­ker beun­ru­higt. Unter der Füh­rung des Rus­sen Umar Kreml­ev (2020 in das Amt des Prä­si­den­ten gewählt und 2022 unter mehr als zwei­fel­haf­ten Umstän­den wie­der­ge­wählt) geriet der Ver­band, der sich seit 2021 IBA nennt, in eine star­ke Abhän­gig­keit von Russ­land: So ist der rus­si­sche Staats­kon­zern Gaz­prom sein ein­zig rele­van­ter Geldgeber. 

Da passt ins Bild, dass die IBA trotz des fort­dau­ern­den Angriffs­krie­ges Russ­lands gegen die Ukrai­ne als ers­ter Sport­ver­band mit der Linie des IOC brach, und rus­si­sche und bela­rus­si­sche Sportler*innen wie­der unein­ge­schränkt mit Hym­nen und Flag­gen zu Wett­be­wer­ben zuließ.

Der Kon­flikt zwi­schen dem IOC und der IBA erreich­te erst vor kur­zem einen absur­den Höhe­punkt, als die IBA einen eige­nen Qua­li­fi­ka­ti­ons­weg zu den Olym­pi­schen Spie­len 2024 in Paris ver­öf­fent­lich­te, obwohl seit gerau­mer Zeit klar war, dass der Ver­band mit den Spie­len in Paris nichts zu tun haben wird und das IOC längst eige­ne Qua­li­fi­ka­ti­ons­we­ge bekannt gemacht hatte.

Auch wenn das IOC zur Welt­meis­ter­schaft der Frau­en vom 14. bis zum 26. März ein Beob­ach­tungs­team ent­sen­den wird: Die Bezie­hun­gen zwi­schen dem IOC und der IBA sind inzwi­schen so zer­rüt­tet, dass alles ande­re als ein Schluss­strich kaum noch vor­stell­bar ist und dem IOC letzt­lich Scha­den zufü­gen würde.

Gibt das IOC einem neu­en Welt­ver­band die Chance?

Doch die end­gül­ti­ge Aus­boo­tung der IBA muss nicht zwangs­läu­fig das Ende des olym­pi­schen Box­sports sein. Eine Rei­he natio­na­ler Box­ver­bän­de beriet in den zurück­lie­gen­den Mona­ten inten­siv über die Grün­dung eines neu­en Welt­ver­ban­des. Das Exe­ku­tiv-Komi­tee des IOC könn­te daher Ende März zeit­gleich mit der Aus­schluss­emp­feh­lung für die IBA ein deut­li­ches Signal geben, dass der Box­sport unter der Zustän­dig­keit eines neu­en Welt­ver­ban­des wie­der eine Zukunft haben könnte.

Ein mög­li­cher Zeit­plan: Bis zur 140. IOC-Voll­ver­samm­lung im Okto­ber könn­te der Ver­band gegrün­det sein. Eine kla­re olym­pi­sche Per­spek­ti­ve des neu­en Ver­ban­des dürf­te ihm (zumal nach der unwi­der­ruf­li­chen Aus­boo­tung der IBA) noch so eini­ge Mit­glieds­ver­bän­de zufüh­ren. In Paris 2024 hät­te er dann viel­leicht zunächst erst ein­mal einen Beob­ach­ter­sta­tus. Im Anschluss mag das IOC dem neu­en Ver­band als Beweis sei­ner Leis­tungs­fä­hig­keit viel­leicht noch die erfolg­rei­che Durch­füh­rung einer Welt­meis­ter­schaft auf­er­le­gen, um ihn dann für die Olym­pi­schen Spie­le 2028 in Los Ange­les ganz oder teil­wei­se Ver­ant­wor­tung zu übertragen.

Kick­bo­xen wohl auf der Tages­ord­nung der IOC-Vollversammlung

Aller­dings könn­te es am Ende auch anders kom­men. Seit 2018 ist die WAKO (World Asso­cia­ti­on of Kick­boxing Orga­niza­ti­ons) vom Inter­na­tio­na­len Olym­pi­schen Komi­tee aner­kannt und seit der 138. IOC-Voll­ver­samm­lung im Jahr 2021 regu­lä­rer Mit­glieds­ver­band des IOC. 

Das heißt zwar nicht, dass Kick­bo­xen damit auto­ma­tisch Teil des olym­pi­schen Sport­pro­gramms wird, aber genau dar­an arbei­tet die WAKO natür­lich. Anschei­nend nicht ganz ohne Erfolg, denn sie konn­te dem Ver­neh­men nach die­sen Punkt auf die Tages­ord­nung der 140. IOC-Voll­ver­samm­lung set­zen, die im Okto­ber in Mum­bai (Indi­en) statt­fin­den wird. Natür­lich wird dar­über zuvor auch in den Sit­zun­gen des IOC-Exe­ku­tiv-Komi­tees beraten.

Könn­te der New­co­mer Kick­bo­xen die olym­pi­sche Kern­sport­art Boxen (immer­hin seit 1904 im Pro­gramm der Som­mer­spie­le) ver­drän­gen? Die Welt des olym­pi­schen Box­sports mag sich das nicht vor­stel­len kön­nen. Klar ist aber: Bleibt das Boxen olym­pisch, dann ist für das Kick­bo­xen kein Platz. Viel­leicht hat man am Ende in Lau­sanne nach so vie­len Jah­ren der Qual ein­fach kei­ne Moti­va­ti­on mehr, dem Box­sport eine wei­te­re Chan­ce zu gewäh­ren – zumal in der Ver­gan­gen­heit jedes Ent­ge­gen­kom­men nur mit Trit­ten gegen das Schien­bein beant­wor­tet wurde. 

Da mag irgend­wann der letz­te Geduld­fa­den rei­ßen und es attrak­ti­ver schei­nen, statt­des­sen einem neu­en Sport die Chan­ce zu geben, der immer­hin auch ein Kampf­sport ist und eben­so im Ring statt­fin­det. Ande­rer­seits wer­den die über­nächs­ten Olym­pi­schen Som­mer­spie­le 2028 in Los Ange­les aus­ge­tra­gen. In den USA hat Boxen jedoch eine lan­ge Geschich­te und ist ein popu­lä­rer Sport. Dies und das Geschick und die Ver­trau­ens­wür­dig­keit jener, die einen neu­en Welt­ver­band grün­den, könn­ten eine Rol­le spie­len, es noch ein wei­te­res Mal mit dem Boxen zu versuchen.

Die Spon­so­ren der Box­ab­tei­lung des FC St. Pauli: