Die herbst­li­che Wett­kampf­pha­se unter dem Schat­ten von Corona

Sind sichere Boxveranstaltungen auf Vereinsebene 2020 noch möglich?

Im nor­ma­len box­sport­li­chen Jah­res­ver­lauf ist der Herbst (neben dem Früh­jahr) die zwei­te wett­kamp­fin­ten­si­ve Pha­se des Jah­res. In den Mona­ten Sep­tem­ber, Okto­ber und Novem­ber bün­deln sich die vie­len Ver­eins­ver­an­stal­tun­gen sowie auf Lan­des- und Bun­des­ebe­ne die Meis­ter­schaf­ten der Erwach­se­nen, bevor es dann im Dezem­ber wie­der ruhi­ger wird und der Trai­nings- und Wett­kampf­be­trieb zum Ende des Jah­res und über den Jah­res­wech­sel hin­weg zumeist in eine Pau­se geht.

Über der bevor­ste­hen­den herbst­li­chen Wett­kampf­pha­se schwebt 2020 jedoch das Damo­kles­schwert der Coro­na-Pan­de­mie. Sie schien hier­zu­lan­de nach dem radi­ka­len Lock­down des Früh­jahrs in den letz­ten zwei Mona­ten weit­ge­hend unter Kon­trol­le: Nach­dem es Ende März und Anfang April an Spit­zen­ta­gen des Infek­ti­ons­ge­sche­hens über 6000 täg­li­che Neu­erkran­kun­gen gege­ben hat­te, pen­del­ten sich die Zah­len von Juni bis zum zwei­ten Juli-Drit­tel im unte­ren drei­stel­li­gen Bereich ein.

Kon­takt­sport und Wett­kampf unter Auflagen

Der Rück­gang der Neu­in­fek­tio­nen recht­fer­tig­te Locke­run­gen im öffent­li­chen und wirt­schaft­li­chen Leben. Auch Sport wur­de in stu­fen­wei­sen Schrit­ten wie­der mög­lich – zuletzt auch Kon­takt­sport in Hal­len. Dabei gel­ten aller­dings noch (je nach Bun­des­land unter­schied­lich stren­ge) Auf­la­gen: In Nord­rhein-West­fa­len dür­fen aktu­ell (Stand Ende Juli) immer­hin 30 Per­so­nen mit­ein­an­der Kon­takt­sport betrei­ben, in Ham­burg hin­ge­gen nur 10. Coro­na­spe­zi­fi­sche Hygie­ne­kon­zep­te und die Erfas­sung der Teil­neh­men­den sind über­all obligatorisch.

Die in Deutsch­land lan­ge Zeit ver­gleichs­wei­se klei­nen Infek­ti­ons­zah­len, das som­mer­li­che Wet­ter und wei­te­re Locke­run­gen beför­der­ten zuletzt eine gewis­se Sorg­lo­sig­keit im Umgang mit dem Virus: Nicht über­all wird noch mit jener Genau­ig­keit auf Abstand, All­tags­mas­ke und Des­in­fek­ti­on geach­tet wie noch vor weni­gen Wochen. Vie­les ging gut: Weder die im spä­ten Früh­jahr eine Zeit­lang wach­sen­den Pro­tes­te gegen die Coro­na-Maß­nah­men noch die gro­ßen Anti­ras­sis­mus-Demons­tra­tio­nen aus Anlass des Todes von Geor­ge Floyd durch einen us-ame­ri­ka­ni­schen Poli­zis­ten führ­ten zu einem mess­ba­ren Anstieg der Infektionszahlen.

Nicht zuletzt die­se Beob­ach­tun­gen hal­fen dabei, genau­er ein­schät­zen zu kön­nen, wel­che Umstän­de tat­säch­lich ein hohes Infek­ti­ons­ri­si­ko mit sich brin­gen. Offen­bar ist ein Auf­ein­an­der­tref­fen unter frei­em Him­mel weni­ger kri­tisch, als man zunächst annahm – erst recht, wenn dabei Abstand gehal­ten, eine All­tags­mas­ke getra­gen wird und die Infek­ti­ons­ra­te der Bevöl­ke­rung zudem auf ein nied­ri­ges Niveau gedrückt wer­den konnte.

Zen­tral für Infek­tio­nen: Geschlos­se­ne Räume

Die zurück­lie­gen­den rele­van­ten Aus­brü­che hat­ten hin­ge­gen meist mit geschlos­se­nen Räu­men oder Gebäu­den zu tun, in denen entweder

  • vie­le Men­schen mit gerin­gem Abstand und womög­lich ohne All­tags­mas­ke auf­ein­an­der­tra­fen (z.B. Sam­mel­un­ter­künf­te von Geflüch­te­ten oder Pro­duk­ti­ons­hel­fern, aber auch Fami­li­en­fei­er­lich­kei­ten etc.)
  • oder eine erhöh­te kör­per­li­che Akti­vi­tät aus­ge­übt wur­de (Arbeit in der Fleisch­in­dus­trie, Gesang bei reli­giö­sen Fei­er­lich­kei­ten etc.).

Als rele­van­te Über­tra­gungs­we­ge von COVID-19 rück­ten daher die Tröpf­chen- und die Aero­sol­in­fek­tio­nen in den Mit­tel­punkt der Auf­merk­sam­keit. Die Rol­le von Schmier­in­fek­tio­nen bei der Ver­brei­tung der Krank­heit trat hin­ge­gen nach ver­brei­te­ter Auf­fas­sung in ihrer Bedeu­tung etwas zurück.

Bei der Tröpf­chen­in­fek­ti­on infi­zie­ren sich ande­re dadurch, dass der Infi­zier­te beim Spre­chen, Nie­sen und Hus­ten ganz unver­meid­lich klei­ne, viren­be­las­te­te Tröpf­chen aus­stößt. Die­se Tröpf­chen (man kann sie im Gegen­licht gele­gent­lich auch sehen) wer­den von ande­ren Per­so­nen ein­ge­at­met, die sich in unmit­tel­ba­rer Nähe zum Infi­zier­ten auf­hal­ten (etwa in einer Gesprächs­si­tua­ti­on). Man weiß, dass die Gefahr einer Tröpf­chen­in­fek­ti­on steigt, je gerin­ger der Abstand zwi­schen einem Infi­zier­ten und Nicht­in­fi­zier­ten ist. Dar­auf gehen die Emp­feh­lun­gen zum Min­dest­ab­stand und zum Tra­gen der All­tags­mas­ke zurück.

Die Bedeu­tung der Tröpf­chen- und Aerosolinfektionen

Bei der Aero­sol­in­fek­ti­on infi­zie­ren sich ande­re dadurch, dass die infi­zier­te Per­son allein schon durch das Aus­at­men mikro­sko­pisch fei­ne Tröpf­chen aus­stößt, die natür­lich eben­falls viren­be­las­tet sind. Die­se kleins­ten Tröpf­chen kann man mit dem blo­ßen Auge schon nicht mehr sehen. Ihre gerin­ge Grö­ße und ihr gerin­ges Gewicht bewir­ken, dass sie sehr lan­ge in der Luft schwe­ben blei­ben kön­nen. Bereits gerin­ge Luft­be­we­gun­gen tra­gen sie in der Luft weit fort.

Unter frei­em Him­mel führt die­ser Abtrans­port der kon­ta­mi­nier­ten Aero­so­le durch Bewe­gun­gen der Luft oder der infi­zier­ten Per­son schon recht bald nach der Aus­at­mung zu einer Ver­dün­nung, die eine Infek­ti­on ande­rer ver­gleichs­wei­se unwahr­schein­lich wer­den lässt.

In geschlos­se­nen Räu­men ver­hält es sich hin­ge­gen anders: Wo der Luft­aus­tausch fehlt oder nur gering ist, kommt es bei Anwe­sen­heit einer infi­zier­ten Per­son zu einer stei­gen­den Kon­zen­tra­ti­on von kon­ta­mi­nier­ten Aero­so­len, da sie aus dem Raum nicht oder nicht aus­rei­chend ent­wei­chen kön­nen. Wegen der Ver­tei­lung der Aero­so­le steigt die Kon­zen­tra­ti­on sogar im gesam­ten Raum – und nicht nur im Nah­um­feld des Infi­zier­ten wie bei der Tröpf­chen­in­fek­ti­on. In der Fol­ge die­ser Ver­tei­lung kön­nen sich in geschlos­se­nen Räu­men Men­schen anste­cken, die dem Infi­zier­ten gar nicht wirk­lich nahe gekom­men sind.

Als beson­ders kri­tisch muss kör­per­li­che Tätig­keit in geschlos­se­nen Räu­men ein­ge­schätzt wer­den: Infol­ge des erhöh­ten Sau­er­stoff­be­darfs inten­si­viert sich die Atem­tä­tig­keit. Der Infi­zier­te stößt kräf­ti­ger und mehr viren­be­las­te­te Aero­so­le aus. Kör­per­li­che Arbeit oder Sport in geschlos­se­nen, schlecht belüf­te­ten Räu­men birgt ein hohes Infek­ti­ons­ri­si­ko, wenn nur eine ein­zi­ge infi­zier­te Per­son anwe­send ist – und zwar für alle Anwesenden.

Stei­gen­de Infektionszahlen

Aus vie­len Län­dern, die die Coro­na-Pan­de­mie mit gro­ßen Anstren­gun­gen zunächst unter Kon­trol­le gebracht hat­ten, wer­den in den letz­ten Wochen wie­der stei­gen­de Infek­ti­ons­zah­len gemel­det. Zurück­ge­won­ne­ne Frei­hei­ten muss­ten vie­ler­orts wie­der mehr oder weni­ger stark ein­ge­schränkt wer­den. Auch in Deutsch­land stie­gen die täg­li­chen Neu­in­fek­tio­nen zuletzt spür­bar an. Stei­gen­de Neu­in­fek­tio­nen bedeu­ten aber, dass die Zahl der­je­ni­gen, die infek­ti­ös sind, also ande­re anste­cken kön­nen, zunimmt. Sta­tis­tisch wächst damit die Mög­lich­keit, auf Infi­zier­te zu treffen.

Dabei ist kri­tisch, dass infi­zier­te Per­so­nen die Krank­heit über­tra­gen kön­nen, obwohl sie sym­ptom­frei sind. Sie haben also kei­ne Ahnung, dass sie infi­ziert sind. Das ist in der Inku­ba­ti­ons­zeit der Fall, also in dem Zeit­raum zwi­schen Anste­ckung und Aus­bruch der Krank­heit. Zudem gibt es Krank­heits­ver­läu­fe mit so gerin­gen oder unspe­zi­fi­schen Sym­pto­men, dass die betref­fen­den Per­so­nen ihre Infek­ti­on gar nicht erken­nen. Trotz­dem kön­nen sie ande­re schon anstecken.

Kom­men wir zurück auf den Box­sport und die bevor­ste­hen­de herbst­li­che Wett­kampf­pha­se: Sie setzt also aus­ge­rech­net zu einer Zeit ein, für die (wenn der aktu­el­le Trend nicht gestoppt wer­den kann) wie­der stei­gen­de Infek­ti­ons­zah­len zu fürch­ten sind und für die daher ins­ge­samt auch eine stei­gen­de Zahl von aktiv Erkrank­ten zu erwar­ten ist. Ein mög­li­cher Ein­trag von Infek­tio­nen durch som­mer­li­che Urlaubs- oder Besuchs­rei­sen in Risi­ko­ge­bie­te könn­te hinzukommen.

Zudem wird sich ab Sep­tem­ber immer mehr an gesell­schaft­li­chem Leben wit­te­rungs­be­dingt wie­der in geschlos­se­nen Räu­men abspie­len: Das betrifft gas­tro­no­mi­sche Ange­bo­te, Sport- und Frei­zeit­ak­ti­vi­tä­ten aber auch das Zusam­men­kom­men von Ver­wand­ten und Freun­den. Nach allem, was man bis­lang über COVID-19 weiß, dürf­ten die­se Umstän­de das Infek­ti­ons­ge­sche­hen aber­mals befeuern.

Box­ver­an­stal­tun­gen und Infektionsgefahren

Betrach­ten wir ein­mal die uns wohl bekann­ten Abläu­fe und Begleit­um­stän­de einer durch­schnitt­li­chen Box­ver­an­stal­tung, wie sie vor Coro­na auf Ver­eins­ba­sis über­all im Land zu beob­ach­ten war, durch die »Coro­na-Bril­le«:

  1. Teil­neh­mer und Helfer
    Bei 15 ange­setz­ten Kämp­fen sind 30 Sport­ler betei­ligt. Vor Ort und an der Waa­ge erschei­nen meist aber noch mit­ge­reis­te Reser­ve­bo­xer, die dar­auf hof­fen, dass sie wegen wegen Aus­fäl­len und Umstel­lun­gen der Kampf­an­set­zun­gen noch zum Zuge kom­men könn­ten. Neh­men wir hier­für wei­te­re 10 Sport­ler an. Dazu kom­men je Sport­ler zwei Sekun­dan­ten. Da ein Sekun­dant in der Regel aber meh­re­re Sport­ler in den Kampf­an­set­zun­gen hat, sind hier nicht 60 zusätz­li­che Per­so­nen anzu­neh­men, son­dern viel­leicht 30. Wir kom­men im ers­ten Zwi­schen­er­geb­nis nun auf 70 Per­so­nen. Wei­ter­hin sind das Kampf­ge­richt und die Offi­zi­el­len am Dele­gier­ten­tisch ein­zu­rech­nen. Wir wol­len dies, da wir von einer klei­ne­ren Ver­an­stal­tung aus­ge­hen, mit wei­te­ren 10 Per­so­nen anset­zen. Viel­leicht wei­te­re 15 Per­so­nen sind sei­tens des Ver­an­stal­ters für Auf- und Abbau, für den Ein­lass sowie für den Ver­kauf von Spei­sen und Geträn­ken vor­ge­se­hen. Mit die­sen zusam­men kom­men wir auf nun auf 95 Per­so­nen, die als sport­lich oder orga­ni­sa­to­risch Mit­wir­ken­de an der Ver­an­stal­tung teil­neh­men. Alle die­se Per­so­nen müs­sen mit Name, Vor­na­me, Adres­se, Mail­adres­se, Tele­fon­num­mer und Uhr­zeit erfasst wer­den, damit die Behör­den im Fall einer Infek­ti­on eines Anwe­sen­den alle ande­ren Betei­lig­ten für etwa­ige Qua­ran­tä­ne­maß­nah­men oder Tes­tun­gen errei­chen kön­nen. Die Daten müs­sen 4 Wochen auf­be­wahrt und anschlie­ßend ver­nich­tet werden.
  2. Wie­gen und ärzt­li­che Untersuchung
    Hier ist ein dich­tes Gedrän­ge üblich, das ent­zerrt wer­den müss­te. Ent­zerrt heißt aber nicht, dass nur ein­zeln in den Wie­ge­raum ein­ge­tre­ten wer­den darf. Auch vor dem Wie­ge­raum und in den Kabi­nen muss auf den Min­dest­ab­stand geach­tet wer­den. Befreun­de­te Sport­ler oder Trai­ner soll­ten ein­an­der, wenn sie sich tref­fen, weder in der War­te­schlan­ge noch sonst­wo mit Umar­mun­gen oder Hand­schlag begrü­ßen. Das Tra­gen einer Mas­ke wäre (ähn­lich wie in öffent­li­chen Ver­kehrs­mit­teln) sicher­zu­stel­len. Die Anwe­sen­heit vie­ler Per­so­nen erfor­dert eine gute Belüf­tung. Die ärzt­li­che Unter­su­chung oder das Wie­gen z.B. in einem fens­ter­lo­sen Regie- oder Gerä­te­raum der Sport­hal­le durch­zu­füh­ren, ist daher in die­ser Zeit kei­ne gute Idee. Eine bes­se­re Idee könn­te sein, fes­te Zeit-Slots für Waa­ge und Arzt zu ver­ge­ben, so dass immer nur eine begrenz­te Zahl von Leu­ten über­haupt in das Gebäu­de gelas­sen wird. Aller­dings dürf­te dies an übli­chen Unpünkt­lich­kei­ten prak­tisch schei­tern. Dass (wenn um 18 Uhr die Kämp­fe begin­nen sol­len) aber um 16 Uhr alle Sport­ler und Trai­ner dicht bei­ein­an­der vor dem Wie­ge­raum ste­hen, wäre eine gefähr­li­che Leichtsinnigkeit.
  3. Umzie­hen und Erwärmung
    Auch hier ist auf Abstand und gute Belüf­tung zu ach­ten. Wenn sich in einer Umklei­de­ka­bi­ne 4 oder 5 Sport­ler unter Anwe­sen­heit von Ver­eins­freun­den und Trai­ner wett­kampf­fer­tig umzie­hen und womög­lich teil­wei­se auch dort erwär­men, sind Min­dest­ab­stän­de und Kon­takt­ver­bo­te nicht ein­zu­hal­ten. Opti­mal wäre 1 Kabi­ne je Sport­ler und die dazu gehö­ren­den zwei Sekun­dan­ten. Fin­det in der Kabi­ne auch die Erwär­mung statt (die ja schon mit kör­per­li­cher Tätig­keit ver­bun­den ist), müss­te sie (gera­de auch für nach­fol­gen­de Nut­zer) belüf­tet wer­den kön­nen. Für einen rei­bungs­lo­sen Ablauf müss­ten 6 oder 8 Kabi­nen zur Ver­fü­gung ste­hen, deren Nut­zung durch die Teams nach einem Plan ein­ge­teilt und beauf­sich­tigt wer­den muss. Dann stün­den einem Sport­ler etwa 40 bis 50 Minu­ten Zeit für Umzie­hen und Erwär­mung zur Ver­fü­gung. Das Trin­ken an Wasch­be­cken soll­te unter­bun­den wer­den, da die Was­ser­häh­ne nach gemein­sa­mer Nut­zung ein kri­ti­scher Punkt sein kön­nen. Zwi­schen­des­in­fek­tio­nen von Kon­takt­flä­chen wären in den Kabi­nen bzw. Auf­wärm­be­rei­chen ange­ra­ten. Zu ver­mei­den ist jeden­falls, dass sich Sport­ler in zu gro­ßer Enge und ohne aus­rei­chen­de Belüf­tung umzie­hen und erwär­men. Platz­ver­hält­nis­se in Ein­feld­turn­hal­len mit viel­leicht 2 Sam­mel­um­klei­den dürf­ten hier kri­tisch werden.
  4. Wett­kampf und Boxring
    Berüh­run­gen und die Unter­schrei­tung aller Abstän­de, die zur Ver­mei­dung von Tröpf­chen­in­fek­tio­nen gebo­ten sind, sind im Box­kampf natür­lich unver­meid­lich. Ist am Box­kampf ein unwis­sent­lich Infi­zier­ter betei­ligt, wird die Anste­ckungs­ge­fahr für den Geg­ner ver­mut­lich sehr hoch sein, für den Ring­rich­ter hoch und für die Per­so­nen unten rund um den Ring (Punkt­rich­ter, Sekun­dan­ten, ggf. auch Dele­gier­te) wahr­schein­lich immer noch rele­vant sein. Ob man den Sport­lern nach dem Kampf eine Umar­mung zum Abschied unter­sagt, wird hin­ge­gen eher von sym­bo­li­scher Bedeu­tung sein: Wer sich eben noch im Nah­kampf ver­klam­mert hat­te, dürf­te durch eine Umar­mung zum Abschied das Infek­ti­ons­ri­si­ko nicht mehr wesent­lich erhö­hen. Der anschlie­ßen­de Jubel mit oder der Trost durch Freun­de oder Sport­freun­de steht hin­ge­gen wie­der auf einem ande­ren Blatt und soll­te ver­mie­den wer­den. Zur Ver­mei­dung von Schmier­in­fek­tio­nen sind Des­in­fek­ti­ons­maß­nah­men zwi­schen den Kämp­fen erfor­der­lich. Sie betref­fen alle Din­ge am und um den Ring, die mit den bei­den Sport­lern und ihren Trai­nern in direk­te Berüh­rung gekom­men sind, z.B. die Rin­ge­cken­pols­ter und die Ring­sei­le. Mit Stoff umwi­ckel­te Hanf­sei­le wer­fen hier durch ihre Offen­po­rig­keit Pro­ble­me auf.
  5. Zuschau­er
    Für die Anwe­sen­heit von Zuschau­ern sind natür­lich die jeweils aktu­ell und regio­nal gel­ten­den Coro­na-Beschrän­kun­gen oder ‑Auf­la­gen für Ver­an­stal­tun­gen, Sport­ver­an­stal­tun­gen und die betref­fen­den Gebäu­de zu beach­ten. Man darf erwar­ten, dass im Kern die voll­stän­di­ge Erfas­sung und die Ein­hal­tung von Min­dest­ab­stän­den und Des­in­fek­ti­ons­maß­nah­men zu gewähr­leis­ten sind. Dazu kann es ggf. Auf­la­gen zu Teil­neh­mer­zah­len, All­tags­mas­ken und nament­li­che Sitz­platz­bin­dun­gen oder die Ver­bin­dung von bei­dem geben. Dich­te Trau­ben von Men­schen vor der Hal­le, vor dem Imbiss­stand und Rudel­bil­dun­gen von laut schrei­en­den Unter­stüt­zern an der Rin­ge­cke oder gemein­sa­mes Fei­ern des Sie­ges in Kabi­nen oder Kor­ri­do­ren sind jeden­falls kri­tisch und soll­ten – so ver­ständ­lich zumin­dest Sie­ges­fei­ern sind – nicht zuge­las­sen werden.

Die oben beschrie­be­nen Aspek­te befas­sen sich nicht aus­schließ­lich, aber in ers­ter Linie mit den Gefah­ren von Schmier- und Tröpf­chen­in­fek­tio­nen. Sie sind wahr­schein­lich auch noch gar nicht abschlie­ßend auf­ge­grif­fen. Man wird sicher­lich noch vie­le zu berück­sich­ti­gen­de Details finden.

Abb. oben: Ein Box­kampf der Alters­klas­se U19. Natür­lich kön­nen bei Wett­kämp­fen kei­ne Abstän­de und kein Mund-Nasen-Schutz ein­ge­hal­ten wer­den. Damit ist die Gefahr einer Anste­ckung sehr hoch, wenn unwis­sent­lich infi­zier­te Per­so­nen betei­ligt sein sollten.

Die ein­gangs beschrie­be­ne Infek­ti­on durch Aero­so­le ist hin­ge­gen wesent­lich schwie­ri­ger zu ver­mei­den, da hier Des­in­fek­ti­ons­maß­nah­men gar nicht, Abstands­ge­bo­te kaum und All­tags­mas­ken wohl nur bedingt schüt­zen. Hier wären zusätz­lich zum Min­dest­ab­stand und All­tags­mas­ken mas­siv durch­lüf­te­te Hal­len oder am bes­ten Frei­luft­ver­an­stal­tun­gen der wirk­sams­te Schutz – doch wir reden von der herbst­li­chen Wett­kampf­pha­se in Deutsch­land, in denen Frei­luft­ver­an­stal­tun­gen nicht durch­führ­bar sind. Und wir reden von ganz unter­schied­li­chen Sport­hal­len, die im Hin­blick auf ihre Belüft­bar­keit sehr unter­schied­li­che Bedin­gun­gen bie­ten wer­den. In manch einer Hal­le las­sen sich gar kei­ne Fens­ter mehr öff­nen, in man­chen eini­ge Fens­ter nur auf Kipp­stel­lung öff­nen, ande­re Hal­len mögen wenigs­tens eben­erdig eini­ge Not­aus­gän­ge unmit­tel­bar ins Freie haben. Ob das aber zur ange­mes­se­nen Belüf­tung einer mit 200 oder 300 Per­so­nen gefüll­ten Hal­le aus­reicht, mag bezwei­felt werden.

Hygie­ne­kon­zep­te in Theo­rie und Praxis

Sicher: Mit sehr viel Auf­wand wären halb­wegs siche­re Box­ver­an­stal­tun­gen auch unter Pan­de­mie-Bedin­gun­gen mög­lich. So, wie eben auch die Fuß­ball­bun­des­li­ga (ohne Zuschau­er) unter Hoch­si­cher­heits­be­din­gun­gen zu Ende geführt wer­den konn­te. Aller­dings nahm die Bun­des­li­ga ihren Spiel­be­trieb wie­der auf, als das Infek­ti­ons­ge­sche­hen durch den Lock­down und einer damals ver­gleichs­wei­se gro­ßen Dis­zi­plin der Bevöl­ke­rung und dem hohen Anteil wet­ter­be­ding­ter Frei­luft­ak­ti­vi­tä­ten auf ein gerin­ges Niveau gedrückt wer­den konnte.

Nicht zu ver­ges­sen auch, dass alle am Spiel­be­trieb der Liga Betei­lig­ten (Sport­ler, Trai­ner, Phy­sio­the­ra­peu­ten, Schieds­rich­ter usw.) umfang­rei­chen Tes­tun­gen und Qua­ran­tä­ne­maß­nah­men unter­zo­gen wur­den, bevor der Ball wie­der roll­te. Dazu kommt: Die finan­zi­el­len, orga­ni­sa­to­ri­schen und infra­struk­tu­rel­len Rah­men­be­din­gun­gen im hoch­pro­fes­sio­nell und effi­zi­ent orga­ni­sier­ten Fuß­ball und sei­nen Sport­stät­ten erlaub­ten die Durch­füh­rung eines Hygie­ne­kon­zep­tes, an dem sich ande­re Sport­ar­ten, die zwar enga­giert, aber im wesent­li­chen ama­teur­sport­lich aus­ge­übt wer­den, leicht ver­he­ben können.

Eine her­kömm­li­che Box­ver­an­stal­tung, wie wir sie aus der Zeit vor Coro­na ken­nen, dürf­te nach allem, was man über die Ver­brei­tung von COVID-19 weiß, aus epi­de­mio­lo­gi­scher Sicht der­zeit nicht ganz unris­kant sein. Dabei dürf­te schon ein kri­ti­scher Punkt sein, wenn Sport­ler und Trai­ner in einer Kon­takt­sport­art wie dem Boxen in grö­ße­rer Zahl aus einem grö­ße­ren Ein­zugs­ge­biet ohne fri­sche und nega­ti­ve Coro­na-Tests zum Wett­kampf zusam­men­kom­men – zumin­dest dann, wenn in den Her­kunfts­re­gio­nen der Betei­lig­ten von einem erhöh­ten Infek­ti­ons­ge­sche­hen aus­ge­gan­gen wer­den muss.

So sehr wir den Wett­kampf­be­trieb ver­mis­sen und als Trai­ner krea­tiv wer­den müs­sen, um die Sport­ler (und nament­lich die Wett­kämp­fer) moti­viert zu hal­ten: Dass zumin­dest auf Ver­eins­ebe­ne aktu­ell halb­wegs siche­re Box­ver­an­stal­tun­gen mög­lich sein könn­ten, darf viel­leicht ganz vor­sich­tig bezwei­felt wer­den, wenn man den Tat­sa­chen ins Auge schaut. All­zu groß erscheint der orga­ni­sa­to­ri­sche und damit auch finan­zi­el­le Auf­wand, all­zu unge­wohnt die neu zu orga­ni­sie­ren­den Abläu­fe – und viel­leicht auch zu gering die Bereit­schaft eini­ger Trai­ner, Sport­ler und Zuschau­er, sol­che neu­en Abläu­fe zu akzep­tie­ren und sich in sie zum Schut­ze aller ein­zu­fü­gen. Auf der Ebe­ne der Bun­des­ka­der, die etwa an Olym­pia­stütz­punk­ten trai­nie­ren, mag das durch­aus anders sein.

Das Desas­ter wären Box­ver­an­stal­tun­gen als Superspreader-Event

Dies ist natür­lich kei­ne schö­ne Ein­schät­zung. Sie erhebt auch kei­nen Anspruch auf End­gül­tig­keit. Sie ist aber eine Schluss­fol­ge­rung, zu der auch ein medi­zi­ni­scher Laie auf Grund­la­ge der aktu­el­len und all­ge­mein aner­kann­ten Erkennt­nis­la­ge kom­men kann, wenn man die Erfah­run­gen aus übli­chen Box­ver­an­stal­tun­gen mit dem Wis­sen über die Pan­de­mie abgleicht.

Natür­lich: Das Wis­sen erwei­tert sich, man­che Ein­schät­zung mag sich ändern. Auch ist denk­bar, dass sich das Infek­ti­ons­ge­sche­hen doch anders ent­wi­ckelt, als man jetzt viel­leicht für den Herbst befürch­ten muss. Auch darf man bis­lang für 2021 mit eini­gem Opti­mis­mus auf einen Impf­stoff und ver­bes­ser­te Behand­lungs­mög­lich­kei­ten der Erkran­kung hof­fen. All das kann und wird der Pan­de­mie nach und nach ver­mut­lich viel von ihrem Schre­cken nehmen.

Doch einst­wei­len scheint Vor­sicht ange­ra­ten, wenn man (etwa als Trai­ner oder Ver­an­stal­ter) Ver­ant­wor­tung für Sport­ler, Mit­ar­bei­ter und Besu­cher trägt. Am Ende wäre der Scha­den groß, wenn sich Box­ver­an­stal­tun­gen als Super­spre­a­ding-Event her­aus­stell­ten. Zual­ler­erst natür­lich für die erkrank­ten Sport­ler, Trai­ner, Kampf­rich­ter, Mit­ar­bei­ter und Besu­cher – zumal sich her­aus­ge­stellt hat, dass auch zunächst leicht ver­lau­fen­de Erkran­kun­gen mit­un­ter län­ge­re Fol­gen haben können.

Aber auch den Box­sport wür­de es ins­ge­samt in ein schlech­tes Licht rücken, wenn sich her­aus­stel­len soll­te, dass Hygie­ne­kon­zep­te am Ende das Papier nicht wert waren, auf dem sie geschrie­ben wur­den, weil sie orga­ni­sa­to­risch, infra­struk­tu­rell oder wegen man­geln­der Mit­wir­kung der Betei­lig­ten schlicht­weg nicht ein­ge­hal­ten wur­den. Nicht zuletzt könn­ten für Ver­an­stal­ter womög­lich auch straf- oder zivil­recht­li­che Fra­gen auf­ge­wor­fen wer­den, wenn im Zusam­men­hang mit Infek­tio­nen vor­sätz­li­che oder grob fahr­läs­si­ge Ver­stö­ße gegen Auf­la­gen fest­ge­stellt werden.

Die Spon­so­ren der Box­ab­tei­lung des FC St. Pauli: