Boxing Con­nects The World: Besuch bei Freun­den in Italien

Einladung zu einem dreitägigen Workshop in Bologna (Italien)

Musik macht den Unterschied: Mächtig Rhythmus und Bewegung beim offenen Boxtraining.

Vor gut sie­ben Jah­ren tauch­te ein­mal ein bra­si­lia­ni­scher Boxer, der auf sei­ner Euro­pa­rei­se auch Deutsch­land besuch­te, über­ra­schend bei uns im Trai­ning auf. Sein Besuch erwies sich gewis­ser­ma­ßen als Vor­hut einer bra­si­lia­nisch-ita­lie­ni­schen Dele­ga­ti­on, die wir im Jahr dar­auf in Ham­burg begrü­ßen durften. 

Seit 2015 gewach­se­nes Netzwerk

Aus die­sen Besu­chen erwuchs all­mäh­lich ein Netz­werk an Kon­tak­ten zu bra­si­lia­ni­schen und ita­lie­ni­schen Box­sport­lern und Trai­nern, das mit den Jah­ren immer grö­ßer, doch zugleich auch immer enger wur­de und auch die schwie­ri­ge Zeit der Pan­de­mie schad­los überstand. 

An den sich ver­dich­ten­den Ver­bin­dun­gen war dabei beson­ders span­nend, dass alle Betei­lig­ten glei­cher­ma­ßen eman­zi­pa­to­ri­sche Ansprü­che mit soli­den box­sport­li­chen Zie­len ver­ban­den. So kamen z.B. aus den Rei­hen unse­rer bra­si­lia­ni­schen Freun­de mehr­fach WM- und Olympiateilnehmer*innen.

Jho­na­tan Con­ce­i­ção im Hoo­die der Kiez­kämp­fer vor dem Beginn der bra­si­lia­ni­schen Meis­ter­schaft. 2017 war er Teil­neh­mer der Welt­meis­ter­schaft in Hamburg.

Die Ent­fer­nun­gen und spä­ter auch die pan­de­mie­be­ding­ten Rei­se­be­schrän­kun­gen brach­ten es mit sich, dass die­ses Netz­werk (von den ein­gangs erwähn­ten Besu­chen abge­se­hen) bis­lang vir­tu­ell gepflegt wer­den muss­te: Man tausch­te Mails aus, man chat­te­te – und inten­si­vier­te den Aus­tausch auf die­sem Weg. 

Mit viel Auf­wand und nach Lösung eini­ger zoll­recht­li­cher Schwie­rig­kei­ten im Emp­fän­ger­land gelang es im letz­ten Jahr immer­hin, eini­ge T‑Shirts und Auf­kle­ber über den Atlan­tik nach Bra­si­li­en zu sen­den. Frei­lich ein schwa­cher Ersatz für ein ersehn­tes Wiedersehen.

Nach erfolg­rei­cher Abwehr zunächst gefor­der­ter immenser Ein­fuhr­zöl­le kamen unse­re T‑Shirts im letz­ten Jahr schluss­end­lich doch noch bei unse­ren Freun­den in Bra­si­li­en an.

Ein­la­dung aus Italien

Als uns nun vor eini­gen Wochen eine Ein­la­dung des Ver­eins »Pugi­li­sti­ca Navi­le« aus Bolo­gna in Ita­li­en erreich­te, uns an einem drei­tä­gi­gen Work­shop zu betei­li­gen, in dem es um Sport und sozi­al­po­li­ti­sche The­men gehen soll­te, war dies end­lich die pas­sen­de Gele­gen­heit, die Kon­takt­pfle­ge in rea­len Begeg­nun­gen fortzuführen.

In einem inten­si­ven und kon­struk­ti­vem Aus­tausch mit Giuni Liga­bue von »Pugi­li­sti­ca Navi­le« waren schnell alle offe­nen Fra­gen und Details geklärt, so dass unser Trai­ner Ralf Elfe­ring als Ver­tre­ter der Box­ab­tei­lung die Sachen packen, das Auto voll­tan­ken und das Navi mit Ziel Bolo­gna ein­stel­len konnte.

Vom 9. bis zum 11. Juni war er dann also bei den Sport­freun­den von »Pugi­li­sti­ca Navi­le« zu Gast – einem Box­ver­ein mit Wur­zeln in der Bewe­gung der ita­lie­ni­schen »Pal­est­re Popu­la­ri« (eman­zi­pa­to­risch gedach­ten Sport­pro­jek­ten, die oft­mals aus besetz­ten Struk­tu­ren her­vor­gin­gen). Sei­nen Namen trägt der Ver­ein nach einem Stadt­teil im Nor­den Bolognas.

Work­shop in Bologna

Im Rah­men des drei­tä­gi­gen Work­shops gab unser Trai­ner in einem Park des Stadt­teils ein offe­nes Box­trai­ning, an dem Sport­ler meh­re­rer Box­ver­ei­ne aus Bolo­gna teil­nah­men. Schwer­punkt des Trai­nings waren die Aspek­te der kine­ti­schen Ket­te im Boxen. 

Am zwei­ten Tag über­nahm Emi­lo Sua­rez aus Chia­pas (Mexi­ko) den prak­ti­schen, also sport­li­chen Teil. Er lei­te­te mit sei­ner ruhi­gen und cha­ris­ma­ti­schen Art ein Calis­the­nics-Trai­ning an, das an ver­schie­de­nen Sta­tio­nen im Park durch­ge­führt wurde. 

Am Abend des zwei­ten Tages gab es noch die Vor­füh­rung eines Films über das Boxen in Kuba, den Giuni Liga­bue und Chia­ra Gre­go­ris 2014 gedreht haben. Es schloss ich dar­an noch eine Art Podi­ums­dis­kus­si­on an, zu der aus Mexi­ko und Bra­si­li­en live Teil­neh­mer hin­zu geschal­tet wurden. 

Die betei­lig­ten Pro­jek­te stell­ten sich vor und umris­sen die sozi­al­po­li­ti­schen The­men­stel­lun­gen, mit denen sie in ihrem All­tag befasst sind. 

Nament­lich im Ver­gleich zu dem ein­drück­li­chen Bericht von Emi­lo Sua­rez aus Chia­pas (Mexi­ko) wur­de dabei deut­lich, wie pri­vi­le­giert unse­re Situa­ti­on in Euro­pa ist. Dort in Mexi­ko ist etwa die Beschaf­fung von sau­be­rem Trink­was­ser ein All­tags­pro­blem, das auch sein Sport­pro­jekt beschäftigt.

Die Teilnehmer*innen des offe­nen Trai­nings am ers­ten Tag des Workshops.
Ein T‑Shirt erin­nert an die drei Work­shop­ta­ge in Bologna.

Fort­set­zung erwünscht

Der drit­te und letz­te Tag fand schließ­lich in dem Gym statt. Man nutz­te das Bei­sam­men­sein, um sich in vie­len wech­seln­den infor­mel­len Gesprä­chen aus­zu­tau­schen. Dabei wur­de klar, dass man mensch­lich, sport­lich und sozi­al­po­li­tisch auf so ähn­li­cher Fre­quenz funkt und emp­fängt, dass der Kon­takt unbe­dingt fort­ge­führt wer­den soll. 

Hof­fent­lich dann auch recht bald unter Betei­li­gung der bra­si­lia­ni­schen Freun­de, die in Bolo­gna schmerz­lich ver­misst wur­den. Und viel­leicht ja auch mit einer Aus­wei­tung der sport­lich Betei­lig­ten, etwa bei einer gemein­sa­men Wettkampfveranstaltung.

Das char­man­te Gym des »Pugil­sti­ca Navi­le« im Nor­den von Bologna.
Der smoo­t­he Boden des Gyms ermög­licht auch ande­re Indi­vi­du­al­sport­ar­ten mit Style.
Von links nach rechts: Emi­lo aus Chia­pas (Mexi­ko), Chia­ra (Pugi­li­sti­ca Navi­le, Bolo­gna), Giuni (Pugi­li­sti­ca Navi­le, Bolo­gna), Ralf (Box­ab­tei­lung des FC St. Pau­li, Ham­burg) und Matteo (Pugi­li­sti­ca Navi­le, Bologna)

Die Spon­so­ren der Box­ab­tei­lung des FC St. Pauli: