Der Weltverband des olympischen Boxen AIBA kommt anscheinend nicht zur Ruhe. Nach nur gut viermonatiger Amtszeit soll nun nach Informationen gut informierter Kreise der Interimspräsident Mohamed Moustahsane seinen Rücktritt beschlossen haben. Der marokkanische Ringarzt und Boxfunktionär hatte im März den umstrittenen Usbeken Rakhimov im Amt abgelöst, der die AIBA ebenfalls zunächst als Interimspräsident geleitet hatte, dann aber Ende 2018 in Moskau regulär ins Amt gewählt worden war.
Moustahsane war im März Interimspräsident der AIBA geworden
Die Wahl Rakhimovs, dem Verbindungen zur organisierten Kriminalität nachgesagt wurden, hatte den schon länger schwelenden Konflikt zwischen der AIBA und dem Internationalen Olympischen Komittee (IOC) eskalieren lassen, der schließlich in den mindestens vorübergehenden Ausschluss der AIBA aus dem Kreis der vm IOC anerkannten Sportverbände mündete. Statt durch die AIBA wird das olympische Boxturnier in Tokio 2020 nun durch das IOC selbst organisiert.
Druck auf Moustahsane nahm zu
Mohamed Moustahsane soll für seinen Rücktritt familiäre Gründe angeführt haben. Gleichwohl stand der Marokkaner von Beginn seiner Amtszeit an unter großem Druck: Moustahsane war an der Organisation der Boxwettbewerbe in Rio 2016 beteiligt gewesen, die mit vielen Fehlurteilen zum Negativbild der AIBA beigetragen hatten. Das IOC vermochte in seiner Person daher nicht das gewünschte Zeichen einer wirklichen Reform erkennen, die einen Ausschluss aus der olympischen Familie vielleicht noch hätte verhindern können.
Auch aus den Reihen der nationalen Boxverbände stand Moustahsane zuletzt unter Druck: In der prekären Lage des Weltverbandes geschah lange Zeit kaum etwas öffentlich Wahrnehmbares. Als verschiedene Verbandsfunktionäre an dem Krisenmanagement der AIBA Kritik übten, drohte Moustahsane mit Sanktionen.
Zweifel an der Handlungsfähigkeit der AIBA
Unlängst wurde außerdem bekannt, dass die von der AIBA Anfang Juli beschlossenen drei Taskforces zu den Themen Finanzen, Kontakt zum IOC und Kongressvorbereitung ihre Arbeit überhaupt noch gar nicht aufgenommen haben, ja, noch nicht einmal personell besetzt seien. Auch ist unklar, ob der eigentlich für den 15. November angesetzte außerordentliche AIBA-Kongress zu diesem Zeitpunkt durchgeführt werden soll oder kann.
Im Gesamtbild mehren sich die Zweifel an der Handlungsfähigkeit der AIBA, die aus finanzieller Not zuletzt auch das Personal an ihrem Sitz in Lausanne reduzieren musste. Die bevorstehenden AIBA-Weltmeisterschaften der Männer und Frauen in Russland stehen also unter keinen guten Zeichen.