Die Verantwortung des Pandemiemanagements ist am Mittwoch, den 6. Mai in einer Beratung der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer weitgehend vom Bund auf die Länder übertragen worden. Schon am Vortag hatten die Länder jedoch (in je eigenen Fassungen) weitgehende Lockerungen angekündigt, die mit je unterschiedlichen Auflagen und Stufen auch eine Wiederaufnahme des Vereinssports andeuteten.
Der LV Baden-Württemberg veröffentlicht stringentes Konzept
Als erster Landesverband des olympischen Boxens hat nun Baden-Württemberg eindeutige Regeln erlassen, wie ein Vereinstraining ab dem 11. Mai in dieser Phase der Pandemie in Baden-Württemberg aussehen kann bzw. aussehen muss. Vor der Wiederaufnahme des Trainings (zunächst ausschließlich im Freien) sind folgende Punkte zu klären:
- Stimmt mein Verein / Abteilung einem Freiluft (Outdoor)-Trainingsbetrieb für Vereinsmitglieder zu?
- Gibt es ein vereinsinternes Corona-Sicherheitskonzept? Die BVBW Corona Standards müssen zu 100% eingearbeitet und umgesetzt werden.
- Genehmigt die komunale Behörde die Nutzung der Freiluftstätte (öffentlich/privat)?
- Genehmigt das zuständige Gesundheitsam das Freilufttraining?
Strenge Auflagen für das Training unter freier Luft
Deutlich wird das konzeptionelle Herangehen: Dass ein Trainer sich mal eben an allen Strukturen vorbei halbprivat auf nicht freigegebenen Sportplätzen informell zum Training mit Sportlern verabredet, wird damit unterbunden. Ein Training ist nur mit einem Konzept erlaubt, das weitreichende Anforderungen erfüllen muss (s.u.).
- Jeder Teilnehmer/-in (auch Trainer) erhält das »DBV-Merkblatt«
- Jeder Teilnehmer/-in (auch Trainer) füllt täglich den »LSV Fragebogen SARS BVBW« aus. Die Angaben sind täglich vom Trainer zu prüfen.
- Der verantwortliche Trainer füllt täglich die »wöchentliche Vereinstrainingsdokumentation« aus.
- Die »LSV Fragebögen SARS BVBW« werden wöchentlich vom verantwortlichen Trainer eingesammelt und archiviert.
- Die »wöchentliche Vereinstrainingsdokumentation« wird vom verantwortlichen Trainer archiviert und wöchentlich in Kopie an den BVBW versendet.
- Jeder Teilnehmer (auch Trainer) hält sich zwingend an die »Trainingsstandards BVBW Freilufttraining«.
- Bei jedem Teilnehmer/-in (auch Trainer) wird täglich vor Trainingsbeginn Fieber gemessen.
- Bis auf weiteres bleibt jegliches KONTAKTTRAINING verboten!
- Maximal 5 Personen (inklusve Trainer) trainieren auf einer Fläche von 1000qm!
- Vorkommnisse (Verdachtsfälle, Erkrankungen, etc.) sind umgehend an den Verbandsarzt zu melden.
Alle Trainingsmaßnahmen müssen also dokumentiert und an den Verband übermittelt werden. Jedes Kontaktraining ist selbstverständlich verboten. Dazu zählt ausdrücklich auch Pratzenarbeit, wie aus einem weiteren Papier hervorgeht, in dem die einzelnen boxspezifischen Trainingsmittel und ‑methoden näher in aktuell »erlaubt« und »verboten« unterteilt werden.
Die Chance soll nicht verspielt werden
»Die Landesregierung gibt unseren Athleten/-innen eine absolut einmalige Chance ihr Breitensporttraining wieder aufzunehmen«, erläutert der Sportdirektor des Landesverbandes Oliver Vlcek. Eine Chance, die nicht verspielt werden soll. »Wenn ein Verein die Regeln verletzt, dann werden wir alle bestraft«, fährt Vlcek fort. Darum will der Verband sehr sorgfältig darauf achten, dass sich alle an die Spielregeln halten: »Der BVBW wird Fehlverhalten sehr konsequent verfolgen und ahnden«, betont Vlcek.
Konzept zeigt Verantwortung für die Sportler und den Sport
Mit dem Konzept beweist der Landesverband Baden-Württemberg abermals Weitsicht und Verantwortung, nachdem er als erster zu Beginn des Pandemiegeschehens in Deutschland Anfang März seine Jugendmeisterschaften abgesagt hatte. Die Weitsicht und Verantwortung zielt zum einen natürlich auf die am Sportbetrieb beteiligten Sportler und Trainer, deren Gesundheit durch das Maßnahmenpaket geschützt werden soll. Zum anderen drückt sich im Konzept aber auch aus, dass man eine Verantwortung für den Boxsport sieht und akzeptiert, dessen Ansehen und Stellung nicht durch eine ungesteuerte und riskante Wiederaufnahme des Trainings gefährdet werden soll.
NRW übernimmt das Konzept des LV Baden-Württemberg
Die Arbeit, die in Baden-Württemberg geleistet wurde, hat offenbar auch die Zuständigen an Rhein und Ruhr überzeugt: Der große Landesverband Nordrhein-Westfalen mit seinen drei Unterbezirken hat das Maßnahmenpaket der Kollegen aus dem Süden in vollem Umfang übernommen. Es könnte sich damit zu einer guten Blaupause für alle Landesverbände entwickeln, wobei es sicherlich in Details an die geltenden Möglichkeiten und Beschränkungen in den jeweiligen Bundesländern angepasst werden muss.
Einheitliches Vorgehen bietet große Chancen
Wenn weitere Landesverbände das Konzept nicht nur übernehmen, sondern auch dessen Umsetzung ebenso strikt überwachen, wie der Landesverband Baden-Württemberg es ankündigt, so wäre damit auch ein unguter Lockerungswettbewerb zwischen Landesverbänden und Vereinen unterbunden, von dem zwar einige sich vielleicht Vorteile erhoffen mögen, der aber dem ganzen Sport am Ende nur Schaden kann. Erst recht, wenn es im Zusammenhang mit dem Boxsport zu Infektionsausbrüchen kommen würde.
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