Das Exekutivkomitee des Weltverbandes des olympischen Boxens AIBA hat Mitte November beschlossen, den ursprünglich für den 14. Dezember 2019 angesetzten außerordentlichen Kongress auf den 20. März 2020 zu verschieben.
Wesentlicher Punkt des Kongresses soll eine Satzungsreform des Verbandes sein. Hierfür, so die Feststellung des AIBA-Präsidenten Dr. Mohamed Moustahsane, benötige man mehr Zeit. Er dankte für eingegangenen Reformvorschläge und bezeichnete die Beteiligung und die wertvollen Beiträge als sehr wichtig für diesen Prozess.
Satzungsreform der AIBA zentraler Punkt des Kongresses
Für die Steuerung der Satzungsreform schien die AIBA zunächst den renommierten Schweizer Sportrechtler Dr. François Carrard von der Kanzlei Kellerhals Carrard gewonnen zu haben. Er sollte Struktur in die vorgelegten Reformideen bringen.
Doch Carrard (selbst von 1989 bis 2003 Generaldirektor des IOC) nahm von der ihm angetragenen Aufgabe schließlich wieder Abstand, als das IOC daran erinnerte, dass er ein offizieller Anwalt des IOC sei und er in dieser Angelegenheit daher nicht die AIBA beraten könne.
Nun hat die AIBA eine eigene Kommission gebildet, die die Satzungsänderungen vorbereiten soll. Sie soll alle 15 Tage an das Exekutivkomitee über die Fortschritte ihrer Arbeit berichten.
AIBA sucht nach neuen Vermarktungsideen für Wettbewerbe
Eine Task Force der AIBA soll außerdem nach neuen Vermarktungswegen für AIBA-Wettbewerbe wie World Cups, Weltmeisterschaften und die World Series of Boxing (WSB) suchen. Geld benötigt der Verband dringend, der zuletzt sein Personal in Lausanne drastisch reduzieren musste.
Der Konflikt zwischen der AIBA und dem IOC schwelte schon länger. Das IOC hatte den Verband wegen schlechter Kampfrichterleistungen in Rio 2016, seiner finanziellen Schieflage und schlechter, intransparenter Verbandsführung angezählt. Das IOC fror nahezu alle Kontakte mit der AIBA ein und stoppte die Geldzahlungen an den Boxverband.
Die Wahl eines umstrittenen Funktionärs (ihm wurden Verbindungen zur organisierten Kriminalität nachgesagt) zum regulären Präsidenten der AIBA war am Ende der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Es folgte im Juni 2019 schließlich die vorüberhende Suspendierung der AIBA durch das IOC, so dass der Verband die Verantwortung für das Boxturnier im Rahmen der Olympischen Spiele in Tokio 2020 verlor.
Kongress im März muss Annäherung an das IOC bewirken
Es wird viel – wenn nicht gar alles – davon abhängen, ob die AIBA bei dem außerordentlichen Kongress im März 2020 Ergebnisse erreichen wird, die sie mittelfristig wieder zurück in den Kreis der olympischen Sportverbände führen können.
Das wird sicherlich auch eine Frage der Satzung sein, sich darin aber nicht erschöpfen können. Der Handlungsrahmen, den sie vorgibt, muss im Sinne einer guten, transparenten Verbandsführung genutzt werden.
Wenn man sich die Realitäten in der Sportpolitik anschaut, dürften die Ansprüche dabei noch nicht einmal allzu hoch sein. Umso besorgniserregender, wenn ein Verband es schafft, die Messlatte in diesen Fragen sogar noch zu reißen.
Aus der Sicht des IOC wird wahrscheinlich wichtig sein, ob wenigstens ein paar unverbrauchte, mit einem robustem Mandat versehene Namen für ein neues Selbstverständnis des Verbandes stehen könnten.