
Am 9. März haben die IBA-Weltmeisterschaften der Frauen im serbischen Niŝ begonnen. Bis am 16. März in den 12 Gewichtsklassen der IBA die Entscheidungen über Gold und Silber fallen, werden an sieben Wettkampftagen (der 15. März ist ein Pausentag) in 21 Veranstaltungen voraussichtlich 227 Wettkampfentscheidungen fallen.
51 Nationalverbände haben insgesamt 239 Sportlerinnen zum Turnier entsandt. Kasachstan, China, Russland, Serbien, Türkei und Usbekistan haben in allen zwölf Gewichtsklassen der IBA ihre Boxerinnen nach Serbien geschickt. Australien, Brasilien, Kap Verde, Haiti, Montenegro, Nord-Mazedonien, Portugal, Schweden und Tunesien sind jeweils nur mit einer Athletin vertreten. Für die Mongolei, die Niederlande und Nigeria sind kleine Teams mit dem Zusatz »IBA« gelistet. Es fehlen unter anderem die USA, Indien, Frankreich, Italien, Großbritannien, Polen und die Ukraine.
Erneut hat die IBA Preisgelder ausgelobt. Es sollen ausbezahlt werden:
- Goldmedaille: 100.000 US-Dollar
- Silbermedaille: 50.000 US-Dollar
- Bronzemedaille: 25.000 US-Dollar
- 5. Platz: 10.000 US-Dollar
WM wird mit Kopfschutz durchgeführt
Die IBA hatte vor gut einem Jahr die Abschaffung des Kopfschutzes für Frauen diskutiert. Anschließend sollten in einer Probephase dazu Erfahrungen gesammelt werden. Entsprechend wurde noch bei der Frauen-Kontinentalmeisterschaft der Asian Boxing Confederation (ASBC, der IBA angeschlossen) vor drei Monaten ohne Kopfschutz geboxt. Bei dieser WM wird allerdings wieder mit Kopfschutz geboxt.
Die Angelegenheit war Gegenstand eines Trainerforums im Vorfeld des Turniers gewesen. Der Vorsitzende des IBA-Trainer-Komitees wird zitiert: »Im Trainerkomitee hatten wir eine Sitzung und kamen zu dem Schluss, dass es fairer wäre, den Trainern mehr Zeit zu geben, sich durch internationale Meisterschaften an diese Veränderung anzupassen, ohne das Risiko, potenzielle Welt- oder Kontinentaltitel zu gefährden (…) Wir behalten den Kopfschutz während der Weltmeisterschaften bei und beginnen danach mit einer 12-monatigen Datenerhebung durch bestimmte Turniere, bei denen Boxer ohne Kopfschutz antreten können, um zu sehen, ob dies sinnvoll wäre.«
Die aktuelle Unübersichtlichkeit im olympischen Boxen
Die Lage im Feld der Teilnehmerinnen – wenig verwunderlich – ist für Beobachter insgesamt unübersichtlich:
- Nicht wenige Nationalverbände, die in den letzten Monaten World Boxing beigetreten sind, haben ihre Mitgliedschaft in der IBA vorerst aufrecht erhalten. Sie sind also bei diesem Turnier startberechtigt. Die großen Mannschaften von Kasachstan und Usbekistan dürften daher von jenen Nationalverbänden stammen, die auch in World Boxing Mitglied sind.
- Die IBA hat in den letzten zwei Jahren die Gründung einiger neuer »Nationalverbände« initiiert oder unterstützt, die in den betreffenden Staaten den etablierten, also von ihrem jeweiligen Nationalen Olympischen Komitee (NOK) anerkannten Nationalverbänden Konkurrenz machen sollen. So starten bei der WM beispielsweise auch zwei deutsche Athletinnen auf dem Ticket der GNBA. Diese neuen Verbände (nicht von ihrem NOK anerkannt) sind meist nur mit kleinen Teams bei dem Turnier vertreten und eher in einer Außenseiterrolle. Die USA werden in der IBA zum Beispiel von einem neu gegründeten Zwergverband vertreten, der überhaupt niemanden nach Serbien schicken konnte.
- Die IBA hatte in der Vergangenheit auch schon Athleten ohne jeden Verbandshintergrund eine Teilnahme an Weltmeisterschaften ermöglicht. Sie starteten dennoch mit den bekannten olympischen Länderkürzeln auf dem Rücken der Trikots – und erweckten auf diesem Weg den Eindruck, das jeweilige Land »offiziell« im Turnier zu vertreten.
Das Turnier ist um ein Viertel geschrumpft
Interessant und aufschlussreich ist der Vergleich mit der letzten WM der Frauen 2023 in Neu Delhi (Indien). Die aktuelle Ausgabe des Turniers ist trotz der ausgelobten Preisgelder merklich geschrumpft:
- 2023 nahmen 324 Sportlerinnen teil. 2025 in Serbien sind es hingegen nur 239 Athletinnen – ein Rückgang um gut 26 Prozent.
- 2023 waren 65 Nationalverbände im Turnier vertreten. 2025 sind es nur noch 51 Verbände – ein Rückgang um gut 21 Prozent.
Mit Ausnahme der WM im Jahr 2019, bei der nur 224 Boxerinnen antraten, waren zuletzt 2008 weniger Athletinnen beteiligt (218).
In dem Rückgang spiegelt sich die Lage im olympischen Boxsport wider: Die IBA hat ihre olympische Perspektive inzwischen unwiderruflich verloren, während World Boxing sich über die vorläufige Anerkennung durch das Internationale Olympische Komitee (IOC) freuen kann. Daher ist zu vermuten, dass die Tendenz anhalten wird.
Dazu kommt: Die nationalen Boxverbände stehen unter dem Druck ihrer jeweiligen Nationalen Olympischen Komitees (NOKs), nicht nur World Boxing beizutreten, sondern darüber hinaus auch ihre Verbindungen zur IBA zu kappen.
Mit der erwartbaren endgültigen Anerkennung von World Boxing dürfte der Weg der Olympiaqualifikation für Los Angeles 2028 in den Händen des neuen Weltverbandes liegen. Spätestens wenn auf WB-Turnieren für 2028 Punkte zu sammeln sein sollten, werden sich die Nationalverbände entscheiden müssen.
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