Es wird immer deutlicher, dass der Sportbetrieb in allen Sportarten bis weit in das nächste Jahr hinein unter Pandemiebedingungen stattfinden muss. Dies reicht vom breitensportlichen Training bis zum Wettkampf im Spitzensport – sofern grundsätzlich ein Sportbetrieb möglich ist.
Denn bei einem stark ansteigenden Infektionsgeschehen ist bei Überschreitung bestimmter Grenzen von behördlichen Einschränkungen unterschiedlichen Ausmaßes auszugehen. Das kann unterschiedliche Sportarten mitunter unterschiedlich stark betreffen und auch lokal oder regional unterschiedlich weitreichend sein.
Dokument will Handlungssicherheit an der Basis des Sports vermitteln
Angesichts dieser Perspektive hat der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) nun allgemeine, also sportartübergreifende Hygienestandards herausgegeben, die für die ihm angeschlossenen Sportverbände und Sportvereine zur Grundlage ihrer Arbeit werden sollen. Im Vorwort des vom TÜV Rheinland geprüften Dokuments heißt es:
»Wir hoffen jedoch mit diesem einheitlichen Standard, der die besten Erfahrungen quer durch ganz Deutschland im Umgang mit der Pandemie vereint, eine neutrale und allgemein anwendbare ›Qualitätsmarke‹ auf hohem Niveau zu setzen und damit vor allem Handlungssicherheit an der Basis des Sports zu vermitteln. Unser Ziel ist es, auch in Zeiten steigender Infektionszahlen und unklarer Perspektiven, wie lange die globale Bedrohung durch den COVID-19-Virus noch andauert, den aktiven Sport bundesweit wieder und weiterhin unter sicheren und vom TÜV geprüften Rahmenbedingungen zu ermöglichen.«
Sportartspezifische Ergänzungen sollen es zu einem stimmigen Gesamtkonzept machen
Die neuen Hygienestandards können allerdings nicht jede sportartspezifische Besonderheit berücksichtigen, da sportliche Abläufe, organisatorische Erfordernisse, Wettkampfformen, Trainings- und Wettkampfgeräte sowie Wettkampfstätten sich in den verschiedenen Sportarten doch sehr unterscheiden können. Daher heißt es im Vorwort an anderer Stelle:
»Auf den allgemein gültigen DOSB-Basisbaustein können bei Bedarf noch ein sportartspezifischer und ein veranstaltungsspezifischer Baustein aufgesetzt werden, womit dann stimmige Gesamtkonzepte entstehen.«
Die Hygienestandards des DOSB schärfen den Blick auf wichtige Aspekte. Sollten sie sportartspezifisch ergänzt werden, wäre es problematisch, wenn diese Ergänzungen am Ende zu einem schlechteren Sicherheitsniveau führen würden, als die Standards eigentlich erreichen wollen.
Bei der Lektüre des 32-seitigen Dokuments wird klar, dass im Trainings- und Wettkampfbetrieb aller Sportarten an vielen Stellen neue Routinen eingeübt und aufrecht erhalten werden müssen, solange die pandemische Ausnahmesituation andauert.
Die Rollen aller Beteiligten wird genau untersucht
Trotz des sportartübergreifenden Ansatzes setzt sich das Dokument sehr systematisch und detailliert mit den verschiedenen Beteiligten einer Veranstaltung und ihren spezifischen Anteilen am Geschehen auseinander. Es gibt interessante Hinweise die Athleten, Trainer, Kampfrichter, Mitarbeiter und Zuschauer betreffend.
Hygienebeauftragte, Einlassregelungen, Management der Umkleide- und Duschräume, Anreise und Unterbringung von Sportlern, Dokumentationen, Erfassung Beteiligter, Management der Akkreditierung und viele weitere Aspekte werden in dem Dokument aufgegriffen.
Das mag auf einige abschreckend wirken, für andere aber die dringend erwartete Hilfestellung bedeuten. Wiederum andere finden in dem Dokument vielleicht letzte Hinweise, bereits angepasste und verbesserte Abläufe noch im Detail zu optimieren.
Hinreichend sichere Boxveranstaltungen scheinen möglich, sind aber nicht aus dem Ärmel zu schütteln
Bezogen auf den Boxsport wird klar, dass Wettkampfveranstaltungen in unserem Sport zwar auch unter den Bedingungen einer Pandemie prinzipiell mit einer akzeptablen (wenn auch nie absoluten) Sicherheit möglich sein dürften.
Es wird aber andererseits auch sehr deutlich, dass sie nicht mal eben unter Rückgriff auf vertraute Abläufe und Gewohnheiten aus dem Ärmel zu schütteln sein dürften. Mit der Aufstellung von zwei Desinfektionsspendern und ein paar halbherzig getragenen Masken ist es nach den neuen Hygienestandards des DOSB jedenfalls nicht getan.
Papier ist geduldig
Die Gefahr droht, dass das Konzept des DOSB künftig zwar einfach den Veranstaltungsausschreibungen angehängt wird (oder auch nur darauf verwiesen wird), aber vor Ort die Dinge schnell aus dem Ruder und in alte Fahrwasser laufen. Als Gründe hierfür wären denkbar:
- Die (Mehrheit der) Beteiligten (womöglich sogar selbst Veranstalter und Offizielle) scheuen den Aufwand.
- Die Veranstalter unterschätzen die organistorischen, logistischen, zeitlichen, personellen und räumlichen Anforderungen einer akzeptabel sicheren Veranstaltung.
- Die (Mehrheit der) Beteiligten (womöglich sogar selbst Veranstalter und Offizielle) unterschätzen oder ignorieren die Gefährdungslage und damit die Angemessenheit der Maßnahmen und unterlaufen aus Bequemlichkeit oder absichtlich die geplanten Abläufe.
Die Hygienestandards des Deutschen Olympischen Sportbundes zum Download (Link öffnet neues Browserfenster):