
Seit 2009 trainiert die Boxabteilung in der Sporthalle der Schule am Zeughausmarkt 32. Für die damals erst zwei Jahre junge und somit noch ziemlich neue Sportabteilung des FC St. Pauli sollte die Nutzung des Zeughausmarktes ein Wendepunkt in ihrer Geschichte werden.
Zeughausmarkt wurde erste wirkliche Heimat der Boxabteilung
An diesem Standort gelang in den folgenden Jahren die Ausweitung des Trainingsbetriebs, so dass die Boxerinnen und Boxer über die Jahre hinweg auf Vereinsseite zwar nicht zu den ausschließlichen, aber am Ende (also vor Beginn der Sanierung) zu den hauptsächlichen Nutzern der Sporthalle wurden.
Mit dem Beginn des Trainings am Zeughausmarkt endeten jedenfalls die Jahre der Improvisation, in der Trainingsgeräte wie z.B. Sandsäcke, Hanteln und Medizinbälle zu jeder Trainingseinheit aus privaten Kellern zum Training und zurück gefahren werden mussten. Glücklicherweise, denn das Be- und Entladen war für die Trainer stets eine Trainingseinheit für sich gewesen.
Historisches Schulgebäude am Zeughausmarkt

Der Schulstandort Zeughausmarkt 32 hat Geschichte: 1815 wurde dort die »Israelitische Freischule« als kostenfreie Schule für Söhne armer Juden gegründet. Sie nahm ab 1859 auch nichtjüdische Jungen auf und trug später den Namen »Israelitische Stiftungsschule von 1815« und dann »Stiftungsschule von 1815«. Anschließend hieß sie bis zu ihrer Auflösung im Jahr 1933 »Anton-Rée-Realschule«.
1915 ersetze ein Backsteinbau des bekannten Hamburger Architekten Fritz Schumacher den alten Schulbau. Der verwinkelte Grundriss und die engen Bauvorgaben hinsichtlich der Höhe – das Bismarck-Denkmal sollte nicht beeinträchtigt werden – stellten strenge Vorgaben an den Entwurf des Neubaus. Zudem wollte Schumacher den Blick auf St. Michaelis vom hinter dem Bauplatz befindlichen »Mühlenberg« (die ehemalige Bastion Casparus im heutigen Alten Elbpark) aus nicht verstellen.
Schumacher realisierte schließlich ein dreiflügeliges Gebäude mit zwei gleichartigen dreistöckigen Seitenflügeln und einem verbindenden niedrigeren, terrassenförmig angelegten Mittelflügel, der den Blick auf die Hamburger Hauptkirche freiließ. Durch die beiden Seitenflügel auf quadratischem Grundriss erzielte Schumacher trotz der Beschränkungen des Grundstücks eine der Schule angemessene monumentale Wirkung. Das Gebäude steht seit 1982 unter Denkmalschutz.
Mit Kreativität, Fleiß und einigem Geld: Am Ende konnte man perfekt trainieren
In konstruktiver Kooperation mit der damals noch am Zeughausmarkt beheimateten Gewerbeschule »Textil und Bekleidung (G 4)« und ihren freundlichen Hausmeistern der verschiedenen Generationen gelang es, sich am Zeughausmarkt immer besser boxsportlich ausstatten und einrichten zu können.
Dazu waren viele Ideen, viel Fleiß – und über die Jahre hinweg auch einiges an Geld erforderlich gewesen. Viele Dinge waren an den Standort angepasste Sonderlösungen, wie z.B. die Sandsackhalterungen, die in die Bodenhülsen der alten Reckanlage eingesteckt wurden, oder die durch einen Tischler speziell gebauten roll- und verschließbare Materialschränke, die genau auf die Größe von Wandnischen angepasst waren.
Nach allen Investitionen und aller Aufbauarbeit war die Boxabteilung am Zeughausmarkt zuletzt sportlich ziemlich perfekt ausgestattet gewesen: Zu jedem Training stand ein Boxring zur Verfügung. Dazu gab Sandsäcke für Gerätearbeit und Spiegelwände für das Schattenboxen. In einem Nebenraum des Geräteraums konnte der Bedarf für Training und Wettkampf gelagert werden.



Sanierungsstau am und im Gebäude wurde immer deutlicher
Allerdings: Es war ersichtlich, dass das historische Gebäude einer Sanierung bedurfte. Das betraf natürlich auch die im Keller gelegene Sporthalle, die vermutlich in den 1960er Jahren von der Schulaula zu einer Sporthalle umgebaut worden war – und seitdem (von seltenen und zudem nur punktuellen Reparaturarbeiten abgesehen) keine grundlegende Modernisierung gesehen hatte. Insofern war es prinzipiell eine gute Nachricht, als wir 2023 von der bevorstehenden Sanierung der Schule und der Sporthalle erfuhren.


Als Gast in der Halle des HABV
Zunächst waren die Bauarbeiten auf acht Monate angesetzt. Um den Zeitraum zu überbrücken, mietete die Boxabteilung Trainingszeiten in der Boxsporthalle des Hamburger Amateur-Box-Verbandes in Alsterdorf an. Nur dort war durch die vorhandene Ausstattung die Fortführung eines qualifizierten Boxtrainings garantiert. Eine ersatzweise Umquartierung in eine blanke Sporthalle ohne jede boxspezifischen Trainingsmöglichkeiten hätte die sportliche Arbeit der Abteilung hingegen empfindlich zurückgeworfen.
Aus geplanten acht wurden am Ende neunzehn Monate im »Exil«
Aus den ursprünglich geplanten acht Monaten wurden nach mehrfachen Verlängerungen der Bauarbeiten nun insgesamt neunzehn Monate. Viele unserer neuen Mitglieder kennen den Zeughausmarkt allenfalls aus Erzählungen, haben dort selbst aber noch nie trainiert.
Die Sanierungsarbeiten am Gebäude waren aufwendig. Insbesondere bei der Sporthalle musste aus Sicht des Denkmalschutzes berücksichtigt werden, dass der Raum früher die Schulaula gewesen war. Es galt also, den repräsentativen Charakter des Raums nach der Sanierung wieder erkennbar zu machen. Zugleich mussten aber auch die Belange und Auflagen einer Sporthalle erfüllt werden.
Im Zuge der Sanierung entfernte man deswegen die abgehängte Zwischendecke, um die ursprüngliche Kasettendecke der Aula wieder sichtbar zu machen. Schaut man in der Halle nach oben, wirkt es nun eher wie ein Ballsaal, als dass es nach einer Sporthalle aussieht.


Wiederbezug wird noch einmal ein großer Kraftakt
Gegen Ende April 2025 soll die Sporthalle jetzt endlich wieder geöffnet werden. Der Wiederbezug der angestammten sportlichen Heimat wird noch einmal ein enormer Kraftakt: Nahezu alles muss nun neu gedacht, geplant – und vor allem auch finanziert werden. Denn die Sanierung erfordert überall neue Lösungen – egal, ob es um bisher bestehende Lagermöglichkeiten, um die Wandspiegel, um Sandsackständer oder um anderes geht.
Bis zu 50.000 EUR kann es kosten, bis alles (zwar anders als früher, aber in ähnlicher Funktionalität) wieder aufgebaut, angepasst, angeschafft und eingerichtet ist. Auch eine vernünftig und wirtschaftlich solide geführte Abteilung stößt da an ihre Grenzen – erst recht, da nun alles in vergleichsweiser kurzer Zeit wieder aufgebaut werden muss.
Die Boxabteilung stellte daher Anträge auf Fördermittel, denn entgegen mancher Spekulationen müssen sich die sporttreibenden Abteilungen des FC St. Pauli ausschließlich aus den Beiträgen ihrer jeweiligen Mitglieder finanzieren. Aus dem wirtschaftlichen Betrieb des professionellen Fußballs fließen schon aus steuerrechtlichen Gründen keine Gelder in den gemeinnützigen Zweig des Vereins.
Darüberhinaus sagte die »Abteilung Fördernder Mitglieder« (AFM) eine hilfreiche Unterstützung zu. In der AFM sind vor allem solche Mitglieder des Vereins organisiert, die nicht selbst eine der im Verein angebotenen Sportarten betreiben wollen, sondern den Verein an sich unterstützen möchten. Die AFM (ohne eigenen Sportbetrieb auch ohne eigene hohen Kosten) unterstützt ansonsten vor allem den Jugendsport im FC St. Pauli.
Qualitative und quantitative Ausweitung des Trainings am Zeughausmarkt
Wenn alles dann fertig ist, werden wir uns über erstklassige Trainingsbedingungen freuen können. Zum einen, weil eine sanierte Halle mit neuen Sanitäranlagen, funktionierender Elektrik und einer Fußbodenheizung immer ein schönes Erlebnis ist. Zum anderen aber, weil sechs neu in den Boden eingelassene Bodenhülsen künftig den schnellen Aufbau des Trainingsrings erlauben, der überdies ebenso schnell zu einem Doppelring erweitert werden kann. Insbesondere diese Erweiterung der Trainingsmöglichkeiten ist ein Meilenstein.
Bezirksamt macht Boxen nun zur Schwerpunktsportart am Zeughausmarkt
Einen weiteren Meilenstein ermöglichte der Hamburger Sportbund. Er lud im Dezember 2024 das Fachamt Sozialraummanagement des Bezirksamtes Hamburg-Mitte und die Boxabteilung zu einem gemeinsamen Gespräch im Haus des Sports ein.
Die sporterfahrenen Mitarbeiter des Fachamtes erkannten die besonderen infrastrukturellen Bedarfe des Boxsports. Ebenso sahen sie unsere nun anfallenden finanziellen Investitionen in den Standort. Damit war klar: Eine Entwicklungsperspektive wird die Boxabteilung nur dort haben können, wo sie für ihr Training auf ihre Infrastruktur zurückgreifen kann – also am Zeughausmarkt.
Das Fachamt Sozialraummanagement beschloss daher, den Boxsport am Zeughausmarkt zur Schwerpunktsportart zu machen. In einem ebenso engagierten wie auch kreativen Tetrisspiel verschob es eine Reihe von Trainingszeiten im Bezirk so, dass das Training der Boxabteilung am boxspezifisch aufgerüsteten Zeughausmarkt konzentriert und erweitert werden konnte. Im Gegenzug gab die Boxabteilung Trainingszeiten an anderen Orten ab.
In der Folge wird die Boxabteilung nun der einzige Vereinsnutzer der Sporthalle sein – wenn man von den Wintermonaten absieht, in denen man sich einen Trainingstag mit der Rugby-Abteilung des FC St. Pauli teilen wird. Eine Nachbarschaft innerhalb des Vereins, auf die wir uns schon freuen.