
Der frühere Weltverband des olympischen Boxen IBA (ehemals AIBA) hat am Montag, den 5. Mai 2025 auf einer Vorstandssitzung in Dubai (Link öffnet neues Fenster) beschlossen, sich nicht nur im Amateur- und Profiboxen zu engagieren, sondern in Zukunft auch so genannte »Bare-Knuckle-Kämpfe« (Boxkämpfe ohne Boxhandschuhe) auszurichten.
Interessen einer neuen Generation
Die Weiterentwicklung des Sports müsse den Interessen einer neuen Generation von Athleten und Fans weltweit gerecht werden, wird IBA-Präsident Umar Kremlev auf der Website der IBA zitiert. Das heutige Boxen habe seinen Ursprung im Faustkampf – der reinsten und ursprünglichsten Form unseres Sports.
IBA: Bare-Knuckle-Kämpfe als »großes Spektakel«
Die IBA, so Kremlev, stehe weiterhin an der Spitze der Innovation und ehre zugleich die Ursprünge des Boxens. Daher sei die Idee entstanden, auch als Dachverband für Bare-Knuckle-Kämpfe zu fungieren. Dies sei eine Rückkehr zum Wesenskern des Boxens – ein großes Spektakel und eine Demonstration von Können und Mut.
Mitgliedsverbände der IBA sollen Bare-Knuckle-Fights ermöglichen
Nach Angaben des Verbandes, der 2019 vorläufig und 2023 endgültig die Anerkennung des Internationalen Olympischen Komitees verloren hatte, werde derzeit ein Regelwerk erarbeitet, das hochwertige Veranstaltungen sowie höchste Sicherheitsstandards vereinen solle.
Die nationalen Mitgliedsverbände der IBA werden aufgerufen, innerhalb ihrer Strukturen künftig Bare-Knuckle-Kämpfe zu ermöglichen und zu regulieren. Weitere Details zu den Bare-Knuckle-Programm der IBA wurden für eine Pressekonferenz am 17. Juni in Istanbul angekündigt.
Hohe gesundheitliche Risiken bei Bare-Knuckle-Kämpfen zu befürchten
Bare-Knuckle-Kämpfe werden wegen hoher gesundheitlicher Risiken kritisiert:
- Im Vergleich zu dem Boxen mit schützenden Boxhandschuhen besteht eine stark erhöhte Gefahr von Frakturen vor allem im Hand- und Gesichtsbereich (Mittelhand‑, Nasenbein‑, Augenhöhlen- und Jochbeinfrakturen).
- Sehr häufig kommt es zu stark blutenden Platzwunden (vor allem im Gesichtsbereich), die mit einem hohen lokalen oder systemischen Infektionsrisiko verbunden sein können (Übertragungrisiko für Hepatitis B/C und HIV bei Kontakt mit Blut, vor allem bei unzureichender Hygienekontrolle).
- Wegen der ungedämpften Schläge gehen viele Mediziner auch von einem deutlich erhöhten Risiko neurologischer Schäden aus (Gehirnerschütterungen, Chronisch-traumatische Enzephalopathie und Hirnblutungen).
Kommentar von Ralf Elfering
Gladiatorenkämpfe sollen wohl Geld bringen
Wer die Entwicklung der IBA in den zurückliegenden Jahren beobachtete, kann von dieser Nachricht kaum noch überrascht sein. Der verbalen Verrohung ihres Führungspersonals folgt nun konsequenterweise die Verrohung des von ihr organisierten Sports.
Faktisch gibt die IBA mit dieser Entscheidung den letzten Rest ihres bis zuletzt wenigstens noch formal formulierten Anspruches auf, in der Welt des zivilisierten Sports irgendeine eine Bedeutung zu haben oder wiederlangen zu wollen.
Kremlev scheint mittlerweile jedoch begriffen zu haben, dass er den Kampf um das olympische Boxen verloren hat. Er wird erleben müssen, wie sich nach und nach alle Boxverbände, die von ihren Nationalen Olympischen Komitees anerkannt sind, von der IBA abwenden. Mit der anerkannten Sportwelt werden er und die IBA endgültig nichts mehr zu tun haben.
Die IBA hat so sehr an Einfluss verloren, dass womöglich russisches Staatsgeld gekürzt wird. Denn ein Weltverband, der inzwischen an keinem sportpolitischen Tisch mehr sitzt, eignet sich nicht mehr gut als Werkzeug staatlicher russischer Einflussnahme.
Wegbrechende staatliche Petrorubel zwängen die IBA zur Erschließung neuer Einnahmequellen. Die Claims im so genannten Profi-Boxen sind jedoch weitgehend abgesteckt. Hier wird es nicht leicht sein, profitabel zu arbeiten.
Gut möglich, dass die IBA nun mit Bare-Knuckle-Kämpfen ein gut vermarktbares Spektakel aufziehen will, das die Kassen füllen soll. Gut möglich, dass sich damit gewisses Geld verdienen lässt. Allerdings kein gutes Geld. Die IBA begibt sich damit genau in die Hinterhöfe, in die sie inzwischen gehört.
Viele Nationale Boxverbände geben sich bis jetzt noch der Illusion hin, sie könnten das olympische Boxen noch irgendwie mit einer Mitgliedschaft in der IBA verbinden. Das ist schon seit längerer Zeit eine völlige Fehleinschätzung. Die Entwicklung der IBA dürfte ihnen nun die Augen öffnen.